Der Auftritt von Annalena Baerbock bei ProSieben – Ein Kommentar

Wenn wir so weiter machen wie bisher und die aktuelle Regierungserfahrung so fortschreiben wie bekannt, dann können wir auch die „Große Koalition“ als Regierung stehen lassen. So oder so ähnlich kann man die Aussagen von Annalena Baerbock im ProSieben-Interview am 19. April 2021 zusammenfassen. Souverän und seriös auf die teils umgangssprachlich formulierten Fragen konnte die heute Vormittag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgestellte Kandidatin für das deutsche Kanzlerinnenamt antworten. Besprochen wurden die Kandidatinnenfindung, der Kurs der Grünen, die Coronavirus-Pandemie, Außenpolitik, Soziales und Wirtschaft.

Wie sieht Deutschland aus, wenn wir zwei Legislaturperioden „Die Grünen“ hinter uns haben?

Das war zum Beispiel eine Frage, die an Annalena Baerbock gestellt wurde. Und natürlich gibt es da keine klare Antwort. Wenn eine Partei wüsste, wie es unter ihnen nach acht Jahren in einem Land aussehen würde, dann wären ihre Angebote auf keinen Fall Demokratie und Teilhabe – sondern Diktatur. 

Entsprechend konnten vor allem die Angebote der Grünen und die anzustrebenden Idealzustände aufgezeigt werden. Dass es aber bei sauberer Mobilität, einem gerechteren Arbeitslosengeld-System, bei klimaneutraler Industrie, bei einer gerecht und nachhaltig gestalteten Pflegebranche und dergleichen mehr nicht um Fantasie und Möchtegern-Illusionen geht, wurde ebenfalls klar gemacht. 

Es braucht eben einen anderen Kurs als das „auf Sicht fahren“ der aktuellen Regierung, um Gutes zu realisieren. Es braucht in der bundesweiten Politik endlich den Wandel, den Privatpersonen, Unternehmen, Vereine und mehr bereits anstreben und leben. Ein soziales, sicheres und zukunftsfähiges Miteinander kann eben nicht nur auf wohlwollendem Einzeleinsatz fußen. Es muss endlich in der großen Politik – bei denen „da oben“ – ankommen. 

Ist es für den Klimaschutz an der Zeit, Verbote auszusprechen?

Die Bündnisgrünen gelten bei vielen als „Verbotspartei“ und deshalb kam auch die Frage auf, ob es – vor allem für den Klimaschutz – unter den Grünen zu Verboten kommen wird. Wird Autofahren verboten? Werden Flüge verboten? Annalena Baerbock hat in der Beantwortung dieser Fragestellungen deutlich gemacht, dass es für Bürger*innen keine Verbote per se geben wird, aber dass die vorgeschalteten Prozesse des Alltags umgedacht werden müssen. 

Autofahren wird also nicht verboten, aber es muss „sauber“ werden. Auf dem Dorf soll es eine bessere ÖPNV-Anbindung geben, sodass also Mobilität auch in Unabhängigkeit zum Auto möglich ist. Und das nicht nur alle zwei Stunden, sondern mit regelmäßigen Fahrplänen.

Hier spielt wieder ein Ermöglichen eine Rolle, wie schon unter der vorigen Zwischenüberschrift angemerkt. Die bundesweite Politik muss es für Privatpersonen, für kleine und mittelständige Unternehmen sowie auch für die große Industrie ermöglichen, nachhaltig und klimaneutral zu agieren. Das wurde bisher versäumt. Bisher wurde auf ein „weiter so“ gesetzt, welches das Narrativ von „grün = Verbot“ hatte. Doch die letzten Jahre haben gezeigt, dass das schlichtweg falsch ist.

Braucht es Eier bzw. Eierstöcke, um mit Menschen umzugehen, die Demokratie für lustige Folklore halten?

Es gab auch extrem ernste Fragen, trotz allem Lachen und einigen Ausflügen in private Anekdoten. Zum Beispiel kam die Frage auf, ob „Putin ein Mörder“ sei. So hatte es wohl der US-Präsident Joe Biden formuliert – und Annalena Baerbock wurde im ProSieben-Interview gefragt, ob sie der Aussage zustimmen würde. 

An einer Personalie, also konkret an Putin, würde sie dies nun nicht festmachen. Jedoch bestätigte sie, dass das Regime, zu dem Putin als führende Person gehört, dies veranlasst habe und daher die Sanktionen seitens der Bundesregierung Deutschland richtig und wichtig seien. Jedoch müssten diese auch überall gelten, und nicht für eine Gasleitung hinterrücks doch noch Geschäfte mit Russland gemacht werden.

Der Ton wurde dabei sichtlich ernster; auch als es zum Beispiel um die Türkei und Recep Erdoğan ging. Ebenso gab es eine klare Antwort auf die Frage, ob es nicht besser sei, wenn jeder Staat sein eigenes Ding durchzieht – ähnlich wie Großbritannien, das aus der EU ausgestiegen ist. 

Die klar formulierte Antwort lautete hier Nein, denn ein geeintes Europa sichert nicht nur den Frieden auf großer Ebene, sondern ist auch für jede*n Einzelnen ein Angebot der Teilhabe und des Austauschs. Als Beispiel wurde das Erasmus-Programm genannt, aber auch für die Wirtschaft die zollfreie Freizügigkeit in Handel und Dienstleistungsangeboten. Demokratie im Großen und Kleinen weiß Annalena Baerbock also klar einzuordnen und dafür einzustehen.

Zusammenfassung des Baerbock-Interviews bei ProSieben

Dieser Beitrag sollte nur als Kommentar dienen, wurde letztendlich aber eine Nacherzählung. Wenn Sie und ihr das Interview selber in voller Länge (45 Minuten) anschauen wollt, dann ist das sicherlich im Internet möglich – auf den Webseiten von ProSieben und / oder Joyn. Vielleicht sogar auf YouTube. 

Ich persönlich fand das Interview mit der Kanzlerkandidatin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute sehr aufschlussreich, sehr überzeugend und auch sehr motivierend. Denn aktuell fällt es einem leicht, politikverdrossen zu sein – nicht zuletzt der misslungenen Pandemiebekämpfung wegen, die seitens der Union von Korruptionen und Arbeitgeber*innen-Beschwichtigung begleitet wird. 

Wir Bündnisgrüne geben eine Einladung für eine bessere, nachhaltigere und sozialere Politik in allen Bereichen heraus. Mit der Wahl am 26. September 2021 wird sich zeigen, ob eine Mehrheit die Einladung annimmt. Sollte Annalena Baerbock Kanzlerin werden, wird sie diesen Job gut machen. Zumindest ist das meine bisherige sowie heute gestärkte Meinung.

Weitere Ansichten benötigt? Das Gespräch zum Interview, das Nino Haustein und Lydia Engelmann geführt haben, gibt es mit diesem Link auf Instagram.

Ein Text von Johannes Domke / Dieser Text gibt als Kommentar eine Einzelmeinung wieder und stellt nicht unbedingt die Meinung des gesamten Stadtverbandes dar. 

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