Atomkraft – nein danke!

Im Frühjahr 1973 bestimmte die damalige baden-württembergische Landesregierung Wyhl, eine kleine Wein-Gemeinde am Kaiserstuhl, zu einem Standort für ein deutsches Atomkraftwerk. Sofort bildeten sich Bürgerinitiativen beidseits der deutsch-französischen Grenze und organisierten ihren kreativen Protest, der schließlich zum Fanal für die Regierung und zur Aufgabe der Pläne führte. So begann die Anti-AKW-Bewegung und hat nun nach 50 Jahren ihren ganz großen Erfolg: Die Bundesrepublik Deutschland steigt aus der Nutzung der Atomenergie endgültig aus, die letzten drei AKWs beenden ihren Betrieb.

Leider konnte im Verlauf der Zeit nicht jedes weitere AKW verhindert werden. Aber maßgeblich haben die Bewegung und ihr parlamentarischer Arm, Bündnis 90 / Die Grünen, dazu beigetragen, dass Pläne von Regierungen und Konzernen nicht aufgegangen sind, in Deutschland den so genannten „nuklearen Brennstoff-Kreislauf der Plutonium-Wirtschaft“ zu etablieren. So war der zivilgesellschaftliche, immer wieder auch von der kritischen Wissenschaft begleitete Widerstand gegen den Schnellen Brüter in Kalkar, den Hochtemperaturreaktor in Hamm, die Wiederaufbereitungsanlagen in Gorleben und Wackersdorf oder das geplante Endlager im Salzstock von Gorleben von Erfolg gekrönt.

Die volle Aufmerksamkeit von Parlamenten und kritischer Bürgerschaft muss nun auf den Suchprozess für den geeigneten Endlagerstandort gerichtet sein, in dem die Hinterlassenschaften der Atomwirtschaft in Form von Jahrtausenden strahlendem Müll vergraben werden sollen.

Wermutstropfen bleiben auch die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen. Absurd, aber es ist so: Deutschland steigt zwar aus der kommerziellen Nutzung der Atomenergie aus, trägt aber noch dazu bei, dass in der Welt AKWs laufen können. Diese Anlagen und wirtschaftlichen Prozesse müssen ebenfalls weiterhin im Fokus unseres Protestes bleiben.

Es ist das große Verdienst der Bewegung, dass sie neben den Protest gegen diese gefährliche Energieform die kreative Suche nach Alternativen gestellt hat. Ihr sind die Initiativen zur Nutzung von Wind und Sonne als unerschöpfliche Energiequellen zu verdanken, die zu Beginn der 90iger Jahre zur ersten Erfolgswelle in der Produktion von Windkraftanlagen und Photovoltaik-Modulen in Deutschland führten. CDU / CSU und FDP haben in Kooperation mit den großen Playern diese beispiellose Erfolgsgeschichte abgewürgt – das dürfen wir nicht ein zweites Mal zulassen, wenn uns Geschichten von vermeintlicher Technologie-Offenheit erzählt werden, die eigentlich nur dazu beitragen sollen, den Status quo zu erhalten oder den Rückschritt einzuläuten.

Denn tatsächlich haben sich zum Glück Techniken zur Nutzung von Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse als regenerative Energien für die Stromproduktion inzwischen längst wieder am Markt durchgesetzt und die Atomenergie in den Schatten gedrängt. Der Anteil von AKW-Strom im Mix war in den letzten Jahren marginal, weil die grünen Alternativen auch wirtschaftlich viel effektiver sind. Wie jetzt wissenschaftliche Untersuchungen belegt haben, war die 3-monatige Laufzeit-Verlängerung der AKWs Neckarwestheim 2,  Isar 2 und Emsland nicht notwendig, um die Energieversorgung zu gewährleisten. Ihr Einfluss auf den Strompreis war sogar eher schädlich, denn sie haben das Einspeisen von Wind- und PV-Strom verhindert und Ausgleichszahlungen generiert. U. a. auch deshalb ist die Herstellung von Atomstrom 4mal teurer als der Strom aus Erneuerbaren.

Der 15. April 2023 ist ein Tag zum Feiern.  Ab 16.04.23 müssen alle gemeinsamen Anstrengungen darauf gerichtet werden, die Transformationen zur Energiewende und Klimaneutralität voran zu treiben.

 

Autor: Dieter Wiebusch