Nach der Landtagswahl 4. September 202411. September 2024 Sachsen hat gewählt. Die CDU kam auf 31,9% der Stimmen und verlor damit nur 0,2% der Stimmen gegenüber 2019. Die AfD gewann an Stimmen (+3,1%), kam auf 30,6%. Das reichte zum Glück jedoch nicht für Platz 1. Nach der Korrektur eines Berechnungsfehlers verloren CDU und AfD jeweils einen Sitz. Die AfD verlor damit auch die angestrebte Sperrminorität, die ihr bei entscheidenden Verfassungsfragen oder der Besetzung neuer Verfassungsrichter viel Einfluss gesichert hätte. Das BSW konnte auf Anhieb zweistellig in den Landtag mit 11,8% einziehen. Die SPD verlor nur 0,4 % der Stimmen und erreichte 7,3%. Wir Grünen schafften es immerhin wieder in den Landtag, verloren aber deutlich an Stimmen (-3,5%). In Leipzig und Dresden konnten wir jeweils ein Direktmandat gewinnen. Die Linke erreichte 4,5%, wird aber durch 2 Direktmandate im Landtag vertreten sein. Für uns Bündnisgrüne ist das Wahlergebnis zweifellos enttäuschend. Wir haben einen Wahlkampf mit großem Einsatz geführt. Im Stadtverband Pirna haben das neu gegründete Wahlkampfteam um Dieter Wiebusch, aber auch andere Mitglieder plakatiert, Flyer und Frühstückstüten am Bahnhof verteilt, Wahlkampfstände betrieben u.v.a.m. Dieter hat Speeddatings absolviert, die Bürgermeister mehrerer Städte und Gemeinden im Wahlkreis besucht, an Haustüren geklingelt, ist mit Fernsehteams unterwegs gewesen, ein Wahlkampfforum absolviert. Was also führte zu diesem Ergebnis? Die Wahlkampagnen Ministerpräsident Kretschmer setzte von Anfang an auf eine strategische Wahl mit der Frage: Wer wird die stärkste Partei im Parlament, die CDU oder die AfD? Diese Strategie ging auf. Am Ende bekundeten bei Umfragen 52% der CDU Wähler*innen vor allem CDU gewählt zu haben, um AfD zu verhindern. „Die Frage nach der stärksten Partei im Parlament ist bei der folgenden Regierungsbildung aber bekanntlich nachrangig: Das klassische Beispiel ist die Bundestagswahl 1976, als Helmut Kohls Union trotz fantastischer 48,6% keine Chance gegen die stabile Koalition von SPD und FDP hatte. Trotzdem folgten im sächsischen Fall selbst anspruchsvolle Medien dem Boulevard bei der irreführenden Inszenierung CDU gegen AfD. Andere Parteien blieben in der Berichterstattung marginalisiert. Dies erweckte in der Wählerschaft den fälschlichen Eindruck, es sei für die Regierungsbildung vor allem entscheidend, welche Partei auf Platz 1 kommt.“ (Böll-Stiftung) Wir von Bündnis 90/ Die Grünen haben mit Aufklärungskampagnen versucht, die Strategie der stärksten Partei und ihre falschen Denkmuster zu entlarven. Dennoch können wir davon ausgehen, dass auch Wähler*innen der Grünen dem Aufruf der CDU gefolgt sind und unsere Stimmenanteile damit geschmälert haben. Geschmälert haben unsere Stimmanteile auch die Auseinandersetzungen in der Bundesregierung und ein MP, der wie ein apokalyptischer Reiter gegen seinen eigenen Koalitionspartner zu Felde gezogen ist. Die weitere Zusammenarbeit mit Bündnis 90/ Die Grünen wurde damit praktisch ausgeschlossen. In der Rhetorik und Argumentation nahm Kretschmer immer wieder Anleihen bei der rechtsextremen AfD. Diese populistische Kampagne direkt aus der Staatskanzlei gegen unsere Partei bestärkte deren Verhetzungskampagne. Kritisches und Schlussfolgerungen. Trotz dieser ungünstigen Faktoren müssen wir uns natürlich auch kritisch befragen, was wir hätten besser machen können. Die Grünen Ministerien lieferten eine fachlich solide Arbeit ab, vereinfachten bei Bau- und Planungsgesetzen bürokratische Verfahren. So konnten z. B. die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Flächen für die Windenergie bereitzustellen. Viele Gesetzesvorhaben wurden endlich auf den Weg gebracht. „Transparenzgesetz, Versammlungsgesetz, Kommunalrechtsnovelle, Strafvollzug, Hochschulgesetz und manches andere an Rechts- und Staatsmodernisierung mit grüner Handschrift, was zuvor entweder liegen gelassen oder von der als konservativster Unions-Landesverband geltenden CDU Sachsen mutwillig blockiert worden war wie das reformbedürftige Gleichstellungsgesetz von 1994. Drei größere vereinbarte und abstimmungsreife Projekte der Koalition, ein lange geplantes Vergabegesetz, ein Agrarflächenstrukturgesetz und das Paket zur Verfassungsänderung scheiterten an der Blockade der CDU.“ (Böll-Stiftung). All diese Erfolge, die ja in jedem Falle eine Modernisierung bedeuteten, haben wir nicht genügend kommuniziert. Sie sind viel zu wenig bei den Sächsinnen und Sachsen angekommen. In der Wahlkampagne setzten wir vor allem auf „Demokratie retten“. Das war jedoch kein Alleinstellungsmerkmal von Bündnis 90/ Die Grünen. Auch SPD, Linke und sogar CDU plakatierten damit. „Demokratie“ist für uns ein Wert an sich. Er muss jedoch übersetzt werden in konkrete, an die Lebensrealität der Menschen angebundene Inhalte. Warum kann nicht z.B. ein Slogan heißen? „Bürgerräte und Bürgerbudget“ oder „Mehrheiten entscheiden, Minderheiten schützen!“ Unsere Bestrebungen zur Verbesserung der sozialen Lage der Menschen müssen unbedingt verstärkt und entsprechend kommuniziert werden. Dazu einige denkbare Slogans: „Klimageld für alle“ oder „Mietendeckel jetzt“, „Kinder aus der Armut holen!“ oder „Profit aus Windkraft an die Kommunen“. Wir haben im Bund gemeinsam mit der SPD dafür gestritten, dass der Mindestlohn kommt und die Kindergrundsicherung. Der Mindestlohn wurde eingeführt und muss weiter erhöht werden. Die Kindergrundsicherung ist am Widerstand der FDP gescheitert. In der Analysesitzung unseres Stadtverbandes haben wir die Schlussfolgerung gezogen, dass wir unbedingt besser werden müssen bei der Arbeit mit den Social Media Kanälen. Es ist uns in diesem Wahlkampf zum ersten Mal gelungen, gute Storys und Reels auf verschiedenen Kanälen zu posten. Unser Direktkandidat Dieter Wiebusch hat einen eigenen Kanal bei Instagram (@wiebuschdieter). Darauf werden wir uns jedoch nicht ausruhen. Positive Entwicklungen Wir sind gestärkt durch viele Eintritte von interessierten, starken, (lebens-)klugen, engagierten Menschen in unsere Partei. Der Stadtverband von Bündnis 90/ Die Grünen ist lebendiger und tatkräftiger geworden. Nach dem ersten Schock haben wir zu guter Stimmung und Zuversicht zurückgefunden. In Pirna haben sich starke zivilgesellschaftliche Bündnisse gebildet, z. B. das „Solidarische Pirna“. Wir sind Teil dieses Bündnisses. Wir werden in unseren Kernforderungen weiter Haltung bewahren. Wir werden nicht nach unten treten, wie es von AfD und anderen Parteien und Wählervereinigungen vorgemacht wird. Wir werden uns stärker für die Verbesserung der sozialen Läge von von Menschen in prekären Verhältnissen einsetzen. Wir werden an der Seite der Ukraine stehen und gleichzeitig die Notwendigkeit von Friedensverhandlungen thematisieren. Wir werden weiter für notwendige Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel streiten. Die Erderwärmung wird sich nicht stoppen lassen, wenn wir ganz fest die Augen zumachen oder wie Herr Zwerg „Bullshit“ rufen. Wir werden für das von der Verfassung gesicherte Recht auf Asyl eintreten Wir werden für den Spurwechsel in die Arbeit streiten und uns für die dringend erforderliche Einwanderung von Fachkräften und die dafür notwendige Willkommenskultur einsetzen. Wir bedanken uns bei allen Wählerinnen und Wählern, die Bündnis 90/Die GRÜNEN ihre Stimme gegeben haben. Wir danken unserem Direktkandidaten Dieter Wiebusch für seinen großen Einsatz und allen Bündnisgrünen im Stadtverband, die im Wahlkampf kräftig angepackt haben. Wir bedanken uns bei Uwe aus Bielefeld für seine Unterstützung in unserem Wahlkampf in Pirna und Sebnitz. Dr. Bärbel Falke