Politisches Beben

Auf den ersten Blick scheinen die Beitragsüberschrift und das Beitragsbild nicht übereinzustimmen. Hier das Beben und da das stille Gedenken. Beides gehört zusammen. Am gestrigen Samstag, dem 09. November 2024, folgten in Pirna etwa 70 Menschen dem Aufruf des AKuBiZ zur Stadtführung „jeder Mensch hat einen Namen“. Wir  gedachten der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die vor der Pogromnacht am 09. November 1938 in Pirna lebten, ihre Kinder großzogen, zur Arbeit gingen und Zukunftspläne hatten. Dem wurde jäh in dieser Nacht ein Ende gesetzt. Wenn wir uns erinnern, wenn wir unsere Stadt, unser Land, Europa und die Welt in historischen Zusammenhängen begreifen, können wir verantwortliche Entscheidungen für die Zukunft treffen.

Das politische Beben

In der vergangenen Woche gab es in den USA einen Erdrutschsieg für Donald Trump, der Bundeskanzler entließ seinen Finanzminister von der FDP, die Ampel zerbrach und in Sachsen verließ das BSW die Sondierungsgespräche. MP Kretzschmar wird mit einer Minderheitsregierung im Verbund mit der SPD regieren müssen.

Wie geht es weiter?

Im Land wird es darauf ankommen, ob sich die CDU weiter darin gefällt, das Land schlecht zu reden, täglich eine neue Apokalypse an die Wand zu malen und einen scharfen Lagerwahlkampf vorzubereiten. Nicht zu vergessen, die ständigen verbalen Attacken gegen Bündnis 90/ Die Grünen. Oder ob sie in der Lage sein wird, zu verstehen, dass konstruktive Politik nicht darin bestehen kann, Partner im demokratischen Lager zu verleumden. Das gilt auch für Sachsen. MP Kretzschmar trifft sich während der Sondierungsgespräche mit Urban, dem Vorsitzenden der AfD. Zeitgleich fliegen die Sächsischen Separatisten auf. Sie hatten Waffen gehortet, um auf einen Tag X hinzuarbeiten, an dem die demokratischen Institutionen gestürzt werden sollen. In ihren Reihen: Funktionsträger der AfD.

Und Bündnis 90/ Die Grünen?

Wir Grünen sollten viel überzeugender kommunizieren, dass Klimaschutz und die soziale Frage zusammengehören. Das nehmen uns nach der Zustimmung zu den Verschärfungen beim Bürgergeld und der zu spät gekommenen sozialen Abfederung beim Heizungsgesetz viele nicht mehr ab. Klimaschutz kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn die ergriffenen Maßnahmen verstanden und auch verkraftet werden können. Das wird Geld kosten. Nichts tun, wird noch mehr Geld kosten.

Wir sollten deutlich machen, welche Vorteile die von uns eingeleitete neue Dynamik bei Klimaschutz und Energiewende hat. Viele Jobs sind im Bereich der Erneuerbaren entstanden. Die sinkenden Emissionen führen zu einer verbesserten Gesundheit der Menschen. Sie führen zu Flüssen, die jetzt nicht mehr so schmutzig und zu Wäldern, die resistenter gegen den Klimawandel sind. Es gibt noch so viel zu tun. Die anderen Parteien fürchten sich vor „unkontrollierter Einwanderung“, aber unkontrollierte Starkregenereignisse, Überschwemmungen, Hitze und Dürre, die Versauerung des Bodens und der Gewässer werden achselzuckend hingenommen. Diese Zusammenhänge sind deutlich zu machen. Nicht, um Angst zu schüren, sondern um Wege aufzuzeigen, wie wir Menschen dem begegnen können.

Stadtpolitik

In Pirna haben sich die FW entschlossen, in einer „Koalition“ mit der AfD Politik zu machen. Auf der Homepage der FW wird Trump als „ein Glück“ gefeiert. Die Stadtverwaltung wird beschimpft, sie möge doch „kreativer und mutiger“ sein. In demokratischen Systemen gibt eigentlich der Stadtrat, gern auch kreativ und mutig, die Entwicklungslinien vor. Die Verwaltung führt aus. Das ist ihr Job. Wenn man jedoch trotz Mehrheit im Stadtrat selbst kaum Ideen hat und immer darauf gepolt ist, anderen die Verantwortung zuzuschieben, kann man schon mal zu solch schrägen Vorschlägen kommen.

Fazit

Wir sollten unsere Zielkonflikte zügig bearbeiten, unsere Erfolge und Absichten besser kommunizieren, Kurs halten in der Unterstützung der Ukraine und bei der Anpassung an den Klimawandel. Bei Verteilungsfragen werden wir dafür eintreten, dass die Schere bei den Einkommen nicht noch weiter aufgehen darf. Und wir werden in unserer Stadt  zusammen mit anderen demokratischen Akteuren weiter der Menschen gedenken, die sich hier mutig der Barbarei entgegen gestellt oder in ihr das Leben verloren haben.

s. auch in dieser Homepage vom 16.11.2023: Solidarität

Dr. Bärbel Falke