Neues aus dem Stadtrat Oktober/ November 2024 27. November 202428. November 2024 Als Stadträtin von Bündnis90/Grüne möchte ich über diesen Verteiler hin und wieder darüber informieren, was im Stadtrat los ist und was mich bewegt. Was Sie und euch bewegt, könnt ihr mir gern mitteilen! Für Unterstützung, Recherche, Ideen und Mitdenken bin ich dankbar! Nachdenkliches zur Stadtpolitik In der Septembersitzung des Stadtrates – der ersten nach der konstituierenden Sitzung – hat jede Fraktion ihr Statement zur künftigen Stadtratsarbeit abgegeben. Um zu verstehen und mich auf die neue Situation einstellen zu können, habe ich mir die Reden wieder und wieder zu Gemüte geführt. Sie sind im Ratsinformatonssystem nachlesbar: Demokratie habe ich so gelernt: Es gibt Dinge, die mir wichtig sind, z.B. freundlicher Umgang mit den Ressourcen dieser Erde und das Wohl aller Menschen gleichermaßen im Blick zu haben. Wenn ich sehe, dass es gegenläufige Entwicklungen gibt, setze ich mich genau dafür ein. Weil ich allein wenig erreichen kann, suche ich Gleichgesinnte. Und weil das alle so machen, gibt es politische Parteien. Es ist also logisch, dass Mitglieder unterschiedlicher Parteien unterschiedlichen Positionen vertreten, die sich auch im kommunalpolitischen Handeln zeigen. Beispiel: ich will mehr Radwege, weil gesund, sicher und umweltfreundlich. Für die AfD dagegen haben allein Autos Vorfahrt. Im Stadtparlament wird argumentiert, diskutiert, zu überzeugen versucht. Es werden Mehrheiten gesucht. Dann wird abgestimmt. Dieses Ergebnis ist von allen zu respektieren, bis neue Entwicklungen neue Entscheidungen erfordern. Hahnenkämpfe unter Politikern oder Kungeleien hat es immer gegeben, gab und gibt es auch in Pirna. Man kann berechtigterweise dagegen sein, wird es aber nicht verhindern. Mit meinem so geprägten Demokratie- und Politikselbstverständnis sind manche Sätze aus den Reden schwer kompatibel: Was steckt hinter der Intention der AfD „Hart in der Argumentation, respektvoll im Persönlichen oder weiter im ausgrenzenden Klassenkampf“? Was meint das BSW mit „Wir wollen ein neues Miteinander und – und das vor allem, ist eine loyale, frei von Ideologien und uneigennützige Zusammenarbeit. Absolute Offenheit und ein ausschließlich lösungsorientiertes Handeln sollen uns leiten.“? Was meinen die FW-WfP mit „Brandmauern, ideologisch geprägte Meinungsmache, politisch bedingte Abstimmungen oder gar Verhinderungen, wird es mit uns nicht geben.“ ? Wenn ich also aus meiner Sicht Wichtiges für die Stadt in die Diskussion einbringe oder bei Anträgen meine Position vertrete: Baue ich dann eine Brandmauer? Hänge ich dann einer Ideologie an? Bin ich dann im „ausgrenzenden Klassenkampf“? Und was bitte ist eine „politisch bedingte Abstimmung oder gar Verhinderung“? Wie soll eine Meinungsäußerung zu Spaltung führen, wenn sie – wie von allen gefordert – respektiert wird? Ich bin Stadträtin, weil ich mich dafür einsetze, dass es mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Klimaschutz in Pirna gibt. Vielen Abstimmungen liegen selbstverständlich unterschiedliche Interessen und Zielsetzungen zugrunde. Die werden gehört und diskutiert und die Mehrheitsentscheidung ist zu akzeptieren. Das ist Politik und das ist politisch – Stadtpolitik eben. Oder was !? Bürgerrat, Bürgerbeteiligung Der Evaluationsbericht und eine Übersicht über die Empfehlungen des Bürgerrates zur Gestaltung des historischen Marktplatzes mit den jeweiligen Einzelbewertungen durch die Stadtverwaltung lagen am 24.09.2024 zur Information vor. Es gab dazu leider keine inhaltliche Diskussion unter den Stadträten, die laut Konzeption Phase 4 „Antwort des Stadtrates“ zu einer Antwort an den Bürgerrat hätte führen sollen. Der Beschluss wurde einfach nicht umgesetzt! Zur Stadtratssitzung eingeladen waren die Bürgerräte auch nicht, wie ich es erwartet hätte, wenn das Thema auf der Tagesordnung steht. Der Kommentar der Stadtverwaltung auf meine Nachfrage: sie hätten sich im Ratsinformationssystem ja informieren können. Soweit zur Bürgernähe seitens des Rathauses! Lediglich der Vorschlag, die Ergebnisse mit in die Ausschüsse und Beiräte zu geben, wurde aufgenommen. Bürgerbeteiligung, also die aktive Berücksichtigung und Einbeziehung der Lebensweltexpertise der Pirnaerinnen und Pirnaer in Entscheidungsprozesse, ist nicht erwünscht. Erschrocken hat mich eine Äußerung von OB Herrn Lochner zum Bürgerrat. „Was sollte auch ein 88-jähriger Rollstuhlfahrer im Bürgerrat, der seit Jahren nicht mehr auf dem Marktplatz war?“ Herr Lochner muss sich schon die Frage gefallen lassen, warum ihn die Erfahrungen und Wünsche eines älteren Bürgers und Rollstuhlfahrers zur Marktplatzgestaltung nicht interessieren. Er hat mehrfach betont, ein Bürgermeister für alle sein zu wollen. Gehören alte Rollstuhlfahrer nicht dazu? Verkehr in Pirna Einwohner von Pirna zahlen 30 € im Jahr für einen Anwohnerparkausweis. Das ist im Vergleich zu Kosten anderer Parkmöglichkeiten längst nicht mehr angemessen. Die Stadtverwaltung schlug eine Erhöhung auf 100 € vor. Als Fraktion brachten wir im September den Antrag auf stufenweise Erhöhung pro Jahr um 30 € bis auf 90 € ein. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von AfD/FW abgelehnt – das entspricht ihrem Credo: Alles für die Autofahrer in der Innenstadt. Für Radfahrer gibt es seit einiger Zeit erleichternde und zu mehr Sicherheit führende Markierungen auf manchen Fahrbahnen. Die AfD hat einen Antrag gestellt, sie zu entfernen und die dadurch verlorenen Parkplätze wieder einzurichten. Das ist nicht sachgemäß, weil Verkehrsregeln auf Bundesebene festgelegt werden, und es missachtet die Rechte von Radfahrern. Ich bin für Gleichberechtigung auch im Straßenverkehr. Radfahrer sind in Pirna so sehr benachteiligt! Und radelnde Kinder haben im Stadtparlament erst recht keine Lobby! IPO Der Zweckverband (ZV) arbeitet hoffnungsvoll weiter an der Umsetzung der Pläne für den Industriepark. Die Hoffnung basiert nach der neuen Strategie darauf, dass der Freistaat und/oder Investoren den finanziellen Segen bringen werden. Ein großer weiterer Schritt waren im November-Stadtrat die Abstimmungen über die Weisungen an den Vertreter der Stadt im ZV, u. a. folgenden Punkten zuzustimmen: Kreditaufnahmen, Kauf von Ökopunkten, Vergabe von Planungsleistungen, Kauf von Grundstücken und die Abwägung von 557 kritischen Stellungnahmen auf 1100 Seiten. Diese enthalten die immer noch bestehenden teilweise schwerwiegende Bedenken zu negativen Klimafolgen, Lärmbelästigung, dem Verlust der Kultur- und Landwirtschaft und zu erwartenden Entsorgungsproblemen. Außerdem stehen unkalkulierbar steigende Kosten, eine risikoreiche Finanzierung ohne langfristig lohnenswerte Einnahmen für die Stadt dem Erfolg des Projektes weiterhin entgegen. Die Finanzlage im Land stimmt ebenfalls nicht gerade hoffnungsvoll. Im Stadtrat am 12.11.24 haben die Anträge zu den Weisungsbeschlüssen trotz aller Bedenken eine Mehrheit gefunden. Ein weiterer Schritt ins unkalkulierbare Risiko IPO. Grüne und die Bürgerinitiative „IPO stoppen“ werden die Risiken und Verluste weiterhin laut benennen. Etwas seltsam mutet an, dass der von der AfD nominierte OB Lochner auf Drängen des Stadtrates nun den ersten Vorsitz des Zweckverbandes übernehmen wird, die AfD-Stadtratsfraktion aber gegen den IPO ist. Schwierigkeiten für den ZV können m. E. auch durch personelle Änderungen erwachsen. Der Heidenauer Bürgermeister Herr Opitz, der das Projekt wesentlich mitgetragen hat, wird in Rente gehen. Herr Müller aus Dohna als Dritter im ZV hat seinen Stadtrat keineswegs sicher hinter sich. Trinkwasser In Pirna wird sich der Trinkwasserarbeitspreis ab 2025 von 2,65 €/m³ (netto) in 2024 um 0,31 €/m³ auf 2,96 €/m³ (netto) erhöhen. Das ist eine Steigerung um rund 11,7 %. Das ist bedauerlich, aber notwendig. Laut protestiert die AfD in ihrer Rede gegen die zusätzliche Belastung für die städtischen Haushalte. Und dann trifft Polemik auf Realität: Die Stadtwerke Pirna (SWP) wirtschaften als Tochtergesellschaft der Stadt eigenständig und haben die neue Berechnung aufgrund verschiedener Kostensteigerungen aufstellen müssen. Zwei der drei Stadträte im Aufsichtsrat der Stadtwerke gehören der AfD an und tragen folglich Mitverantwortung für die Finanzen. Und in § 3 Abs. 2 des zwischen der Stadt Pirna und der SWP geschlossenen Betreibervertrages ist geregelt, dass die Preise gegenüber den Kunden seitens der Stadt genehmigt werden müssen, wenn sie dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz (SächsKAG) entsprechen: null Gegenstimmen! Bei Ablehnung hätte der OB in Widerspruch gehen müssen und dem hätte stattgegeben werden müssen, um die Wasserversorgung sicherzustellen. Die politischen Gestaltungsspielräume für mehr soziale Gerechtigkeit sind eng bemessen. Haushalt Die Kassen sind knapp, die Kämmererin plant auf der sicheren Seite. Pirna kann alle bisherigen freiwilligen Leistungen weiter finanzieren. Diese von SPD-LINKE-GRÜNE und CDU gemeinsam gestellte Anträge mit Deckungsvorschlägen bekamen die Mehrheit: 1. Der Stadtrat beschließt die Umwidmung der Gelder in Höhe von 180T € für einen Bauwagen (Waldkindergarten, Maßnahme 36521004) zugunsten von „Maßnahmen der Instandhaltung/ Instandsetzung und/ oder als Zuschuss für die Beantragung von Fördermittel“ (z.B. Leader) für das Vorhaben „Vereins- und Bürgerhaus Graupa“. vorbehaltlich des Zustandekommens einer Übernahme des Objektes durch den Verein pro Graupa e.V. 2. Der Stadtrat beschließt die Erhöhung des Planansatzes für Reparatur/ Instandhaltung von Sportanlagen im Jahr 2025 um 30T € auf 60T € und im Jahr 2026 um 50T € auf 80T €. 3. Der Stadtrat beschließt ein Budget für Maßnahmen des Klimaanpassungskonzeptes (Ergebnishaushalt) von 10T € im Jahr 2025 und 15T € im Jahr 2026. 4. Der Stadtrat beschließt das Budget für das Stadtmarketing um 50T € im Jahr 2026 zu erhöhen. Landesgartenschau FW und AfD sind in ihren Abstimmungsverhalten eng beieinander. Die AfD will die Landesgartenschau (LGS) 2032 nach Pirna holen und bekommt Unterstützung von FW/WfP. 14 Stadträte stimmen dafür, 12 dagegen. Ein knappes Ergebnis, aber nun werden ca. 70.000 € für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben. Als Fraktion lehnen wir die Landesgartenschau aus den folgenden Gründen ab: Es hat in der Vergangenheit bereits mehrere Versuche für eine Landesgartenschau gegeben, die nach Überprüfung eingestellt wurden. Pirna hat viele große Projekte vor sich und würde sich finanziell und kräftemäßig übernehmen. Eine Koordination würde großen logistischen Aufwand erfordern. So wird das Jahr 2033 für Pirna ein Jubiläumsjahr, die Stadt feiert ihren 800 Geburtstag. Das wäre ein Jahr nach der LGS!! Pirna kann die für eine Landesgartenschau geforderte Fläche nicht bieten. Ziel einer LGS ist es, Brachflächen langfristig zu gestalten. Pirna hat diese Brachen nicht, es gibt nur kleinere zu gestaltende Flächen, die sich nach bisherigen Einschätzungen für ein Gesamtkonzept nicht eignen. Die Anziehungskraft von Landesgartenschauen lässt insgesamt nach. Die bevorstehende BuGa 2033 in Dresden macht einen Zuschlag auf eine aufwändige Bewerbung ohnehin unwahrscheinlich. Unser Änderungsantrag gemeinsam mit der CDU lautet daher: „Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, die Möglichkeiten einer – über das Schloss Zuschendorf hinausgehenden – Beteiligung der Stadt Pirna an der Bundesgartenschau 2033 in Dresden zu prüfen und dem Stadtrat einen Entscheidungsvorschlag vorzulegen, der die Voraussetzungen und finanziell zu erwartenden Auswirkungen als Grundlage für eine Entscheidung des Stadtrats aufzeigt. In diese Überlegungen sollte mit einfließen, dass Pirna 2033 (vermutlich durch ein Festjahr) sein 800-jähriges Bestehen feiern wird.“ Beiräte Bei der Bekanntgabe der Sitzungs-Termine für das Jahr 2025 fehlten die Termine für die Beiräte. Sie wurden einfach weggelassen! Vertreter aus den Parteien und sachkundige Bürgerinnen und Bürger hatten in den Beiräten die Möglichkeit, sich zu verschiedenen Themen zu verständigen. Die Ergebnisse konnten in die Stadtratsarbeit einfließen. Weil Mitdenken und Mitsprache zur Demokratie gehören und verhindern, dass langjährige Stadträte für die Anliegen der Pirnschen blind werden könnten, haben wir als Fraktion diesen Antrag gestellt: „Der Stadtrat bekennt sich grundsätzlich zu den in der Hauptsatzung benannten Beiräten. 1. Der Stadtrat bittet den Oberbürgermeister schnellstmöglich die Besetzung und Konstituierung der Beiräte zu vollziehen. 2. Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, dem Stadtrat Vorschläge zur besseren strukturellen und inhaltlichen Anbindung an die beschließenden Ausschüsse vorzulegen. 3. Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, den Ausschüssen Vorschläge für die konkrete Bearbeitung und Weiterentwicklung von Themen durch die Beiräte (z. B. aus dem Maßnahmenkatalog Bürgerrat Marktplatz) für eine mögliche Beauftragung zu unterbreiten. 75 Jahre Grundgesetz Zur 75-Jahrfeier des Grundgesetzes war OB Lochner aufgefordert, eine Feier zu veranstalten. Auf Anfrage von Stadträtin Ina Richter (LINKE) erhielten wir die Auskunft, dass die verspätete Veranstaltung der Stadt 11.638,47 € !!! gekostet hat. Amtsblatt Der „Pirnaer Stadtanzeiger“ ist im Stadtrat immer mal wieder Gegenstand von Diskussionen. Eine Konzeption oder Standards dazu, wie manche Städte sie haben, gibt es nicht. Die würde z. B. solche Fragen klären: Soll der Anzeiger gedruckt werden oder nur noch digital erscheinen? Was darf, soll oder muss veröffentlicht werden, damit das Blatt den amtlichen Charakter behält? Sollen Anfragen der Stadträte mit abgedruckt werden? Wie dick darf der Anzeiger sein? Meine Meinung: der „Pirnaer Anzeiger“ sollte weiterhin gedruckt erscheinen. Das kostet Geld und ist weniger umweltfreundlich als die digitale Ausgabe, versorgt aber alle Haushalte zuverlässig mit wichtigen Infos. Anfragen der Stadträte sollten nicht zur politischen Stimmungsmache missbraucht werden, die Stadtverwaltung damit nicht unnütz beschäftigt oder unangemessen kritisiert werden. Und sie sollten sich in Umfang und Anzahl in Maßen halten. Da das nicht zu erwarten ist, sollten die Anfragen weiterhin im Ratsinformationssystem nachzulesen sein. Umrüstung Straßenbeleuchtung auf LED Die Umrüstung der Stadtbeleuchtung auf umweltfreundlichere LED-Leuchten geht voran. Zitat aus der Informationsvorlage im Stadtentwicklungsausschuss: „Der pauschalisierte Strombedarf für 2025 wurde mit 1.220.000 kWh angesetzt (2024: 1.360.000 kWh) Die Senkung des Strombedarfs basiert auf den geschätzten Einsparungen durch den Einsatz der LED-Leuchten bzw. LED-Leuchtmittel. Der verringerte pauschale Strombedarf sowie der reduzierte Strompreis ergeben im Vergleich zu 2024 eine Einsparung von ca. 158.776,23 € (brutto) im Jahr.“ Pirna, 27.11.2024 Maria Giesing Stadträtin Bündnis 90/ Die GRÜNEN