IPO? Nein, danke!

Ein Redebeitrag von Dr. Sebastian Gilbert, vorgetragen am 01. Mai 2019 zur Menschenkette gegen den IPO in Krebs

Liebe Mitstreiter gegen den IPO,
es ist gut, dass ihr den 1. Mai wieder zum Kampftag gemacht habt. Zum Kampftag gegen ein Projekt, das wichtige Kriterien des nachhaltigen Wirtschaftens außer Acht lässt. Auch wenn man den drei Bürgermeistern zunächst unterstellen sollte, dass sie es mit dieser Art von Wirtschaftsförderung gut meinen wollen für die Kommunen, so trägt doch dieses Projekt alle Zeichen des „schneller, höher und vor allem reicher“.
Die Ressourcen unserer Erde sind bekanntlich endlich und schon lange leben die sogenannten hochzivilisierten Länder über ihren angemessenen Ressourcenverbrauch hinaus. Ein unendliches Wachstum kann es nicht geben, das werden spätestens unsere Kinder und Enkel bitter erfahren,
wenn wir diesen Ressourcenverbrauch jetzt nicht begrenzen. Dieser Flächenverbrauch ist inakzeptabel! Unsere naturnahen Flächen und unsere Ackerböden sind ein riesengroßer Schatz, der auch unsren Nachkommen die Ernährung und das Leben in einer artenreichen natürlichen Vielfalt sichern muss.

Nein, wir Grünen sind nicht prinzipiell gegen Industrie- und Wirtschaftsförderung. Wir stehen für die Förderung vor allem kleiner und mittelständiger Unternehmen sowie für die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten. Sie sind das Rückgrat einer stabilen, konjunkturresilienten Wirtschaft. Welchen Einfluss globale Konjunkturschwankungen auf Großunternehmen und deren abhängige Städte haben, mussten die Menschen in Bautzen und Görlitz bereits z.T. leidvoll erfahren!

Es ist schon auf sehr wichtige Aspekte eingegangen worden. Für uns in Pirna ist das Kaltluftentstehungsgebiet am Feistenberg äußerst wichtig für das Stadtklima, das war besonders im vergangenen Sommer heftig spürbar.
Der unbedingte Schutz dieses Gebietes wurde deshalb im früheren Klimaschutzkonzept der Stadt von weitsichtigen Stadträten beschlossen und nicht umsonst wurden Projekte wie z.b. der Neubau des Krankenhauses Pirna in diesem Bereich mit dieser Begründung abgelehnt. Muss ein Projekt nur groß genug sein, um solche wichtigen und nachhaltigen Beschlüsse über Bord zu werfen? Zu dem werden sämtliche Luftschadstoffe, die im IPO entstehen, sich mit der Hauptwindrichtung nach Pirnas Zentrum bewegen. Sollte man wirklich glauben, dass keine Schadstoffe entstehen, die zur weiteren Feinstaubbelastung und damit zu Erkrankungen der Atemwege oder zur
Verschlimmerung schon bestehender beitragen werden? Welche Industriearten sind denn in solch einem Industriegebiet genehmigungsfähig? Hier sollte man sich die Anlage der 4. BIschO zu
Gemüte führen: darin sind u.a. Müllverbrennungsanlagen, Industrielle Tiermastanlagen, Unternehmen welche mit gefährlichen z.B. Radioaktiven Stoffen hantieren oder auch Kraftwerke als gehemigungsfähig aufgeführt. Glaubt wirklich jemand ernsthaft, das Investitionsangebote solcher Unternehmen ausgeschlagen werden, wenn die kommunalen Kassen leer sind und sogenannte Hochtechnologiefirmen nicht gerade Schlange stehen werden, weil die Industrieflächen in Großenhain, Riesa oder Zeithain billiger zu haben sind?

Aber nicht nur das. Das Projekt des IPO setzt auch die Sicherheit und Gesundheit von uns aufs Spiel. Die Wohngebiete an den abschüssigen Flächen am Feistenberg, an der Seidewitz, an der Gottleuba sowie hier in Krebs können bei Starkregen wieder von Hochwasser massiv bedroht
werden.

Das Zustandekommen des Zweckverbandes und seines Vorstandes mit einer ungeahnten Macht der Entscheidungsbefugnis ist ein trauriges Kapitel unserer Stadtparlamente. Nicht traurig, sondern nur empörend ist das Vorgehen im Planungsverfahren: um Zeit zu gewinnen und um das aufwändige Planfeststellungsverfahren zu umgehen, wurde der Regionalplan ausgehebelt, indem das Industriegebiet als Vorsorgestanort gestrichen wurde und somit die vereinfachte Planung möglich wurde.

Noch empörender ist jedoch die Planung aus „einer Hand“: sollte wirklich jemand glauben, dass das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie unbeeinflusst bleibt, wenn der Planer auf Folgeaufträge wie Bebauungsplan- und Erschließungsplanung hoffen kann? Selbst in die Umweltverträglichkeitsprüfung soll der gleiche Planer einbezogen werden.

In irgendeiner Region unseres Landes hat man dafür den Begriff des „Geschmäckle“. Nach meinem Geschmack fehlt durch die Planung aus einer Hand jegliche kritische Distanz zur jeweiligen Vorplanung und stellt eine Bevorteilung mit Grenze zur moralischen Korruption dar. Um die Kommunen soll ein Brei an Industrieansiedlungen entstehen, der die einmalige Einbettung der Ortschaften und unserer kulturhistorischen Schätze wie den Barockgarten Großsedlitz in unsere schöne Landschaft zunichte macht . Die touristische Anziehungskraft der Region wird dadurch massiv leiden.

Die Aussichten sind also düster, sollte der IPO wahr werden. Die Aktivitäten und Initiativen sind oftmals auf Ignoranz, einschließlich des Ministerpräsidenten gestoßen. Dennoch muss überlegt werden, was weiter
getan werden kann, um den IPO zu verhindern:
Vor uns steht die Kommunalwahl am 26.5.19. Wir sollten diese als Chance begreifen! Ein jeder sollte auf die Kandidaten zugehen und jeden nach seiner Einstellung zum IPO befragen.
Versagen wir unsere Stimme denjenigen, die uns mit dem IPO in freier Wahl das blaue vom Himmel versprechen!
Versagen wir jenen unsere Stimme, die unsere kommunalen Parlamente für egoistische wirtschaftliche Interessen mißbrauchen wollen, auch in Form von Aufträgen im Rahmen der Erschließung und Bebauung des IPO!

Der Stadtverband Pirna von Bündnis 90 /Die Grünen hat sich bereits mehrfach u. eindeutig zum IPO positioniert und geäußert: Eine Industrieansiedelung am Feistenberg, so grün angestrichen
sie auch daherkommt, darf es nicht geben. Erklärtes Ziel ist es, im neuen Stadtrat von Pirna mit gleichgesinnten Abgeordneten die undemokratischen Machtbefugnisse zu thematisieren, die finanziellen Zuwendungen für den Zweckverband des IPO zu stoppen und schließlich den Austritt Pirnas aus dem Zweckverband zu erwirken.
Diesem Ziel müssen politische Differenzen untergeordnet werden! Deshalb prüft bitte eingehend, wer eure Stimme erhalten soll!

Was kann noch von jedem getan werden? Gemeinsam mit dem Landesverband Sachsen des BUND [Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland; Anm.d.R.] wurde ein zweckgebundenes Spendenkonto für die Ermöglichung einer juristischen Klage gegen den IPO eingerichtet. Die Juristen des BUND haben uns signalisiert, dass bereits auf Grund der vorliegenden Unterlagen ein naturrechtliches Klageverfahren sinnvoll und
erfolgversprechend ist. Ansatzpunkt dieser Klage kann jedoch erst das Vorliegen von Bebauungsplänen sein. Nun ist der BUND vielfach auf ehrenamtliche Hilfe und vor allem Spenden angewiesen. Gute Juristen kosten gutes Geld! Ein Grundstock der geschätzten nötigen Summe von einem Viertel ist bereits gelegt. Wenn jeder der hier heute Anwesenden im Schnitt €20 spendet, d.h. die Kosten für 2 Kästen Bier, wem das eingängiger ist, so könnte bereits etwa ein weiteres Viertel und damit die Hälfte aufgebracht sein.
Gleichzeitig wäre das ein großartiges Zeichen an den BUND, mit welcher Ernsthaftigkeit und welchem Engagement die Bürger hier gegen den IPO kämpfen.
Das Spendenkonto ist unter BUND Landesverband Sachsen oder über Links der Internetseiten www.gruene-Pirna.de oder www.ipo-stoppen.com direkt zu erreichen. Natürlich werden Spendenquittungen erstellt.

Liebe Mitstreiter, viele von Euch haben sich bereits mit viel Zeit und Mühe in den Kampf gegen den IPO eingebracht. Dafür allen schon jetzt ganz herzlichen Dank!
Manchmal ist es entmutigend, wie wenig Resonanz auf Aktivitäten und Initiativen zurückkommt. Dennoch müssen wir gerade in Vorbereitung der Kommunalwahl weiter dran bleiben und die Sinnlosigkeit und die Gefahren durch den IPO besonders für kommende Generationen weiter thematisieren. Unsere Aufklärungsarbeit unter den Bürgern muss weitergehen, denn vielfach treffe ich Menschen, die vom IPO entweder gar nichts oder von seiner Problematik nichts wissen.

Wir sind es unseren nachfolgenden Generationen schuldig!
Wer nicht kämpft, der hat schon verloren!!
Vielen Dank!