Warum müssen die Bäume in Pirna-Copitz weichen?

Gefällter Baum, Goethestraße 20, Pirna Copitz, Oktober 2019, WGS

Anfang der Woche wurde ein Baum gefällt. So weit erst einmal nichts Ungewöhnliches, wenn es nicht eine mehrere Jahrzehnte alte, aber völlig gesunde Kiefer gewesen wäre. Ihr sollen noch weitere umstehende Bäume folgen. Der Baumbeseitigung an der Goethestraße 20 in Pirna-Copitz schien dabei die Schaffung von Platz für Parkflächen zugrunde zu liegen – dies hat sich bestätigt. Und das, obwohl die Anwohner*innen in den 1970er Jahren neben der Schaffung von Parkflächen in Eigenregie auch die Bäume selber gepflanzt haben und noch heute neben ihnen von günstigen Stellflächenkosten profitieren. Ob, wie und wann sich das ändern soll, darüber schweigt sich der Vermieter WGS aus.

Jan Hamisch, Sprecher des Stadtverbands von Bündnis 90 / Die Grünen, war auf der Goethestraße 20 in Copitz und hat sich den Rest der gefällten Kiefer angeschaut.
Jan Hamisch, Sprecher des Stadtverbands von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, war auf der Goethestraße 20 in Copitz und hat sich den Rest der gefällten Kiefer angeschaut.

Wohnungsgenossenschaft setzt Mieter*innen vor vollendete Tatsachen

Am Dienstag, dem 8. Oktober 2019, gegen 7:00 Uhr morgens begannen die Fäll-Arbeiten an der rund zwölf Meter hohen Kiefer. Schnell fanden sich ein paar Mieter*innen zusammen, die nicht nur verwundert über die Baumfällarbeiten waren, sondern sich auch darüber zu informieren versuchten. 

Namentlich genannt werden u. a. im Bericht der Sächsischen Zeitung (SZ) zum Vorfall Herr und Frau Ziegler, die bei der Wohnungsgenossenschaft Sächsische Schweiz (WGS) anriefen, um den Grund des Vorgehens zu erfragen. Ihnen wurde keiner genannt; man zeigte sich sogar erstaunt, dass die Arbeiten schon begonnen haben. Von der ausführenden Firma erfuhren sie indes, dass noch vier weitere Bäume weichen sollen.

Keine Kommunikation, dafür weniger Lebensqualität

Weder die anstehenden Baumfällarbeiten noch deren Gründe wurden also vom Vermieter genannt. Von der Sächsischen Zeitung wurde zum Beispiel auch im Lokalteil der Printausgabe am Mittwoch Herr Haake, ebenfalls ein Mieter vor Ort, zitiert. Dieser stimmte nicht nur zu, dass die mangelnde Kommunikation der Vorhaben rund um die Bäume und Parkflächen an der Goethestraße 20 in Pirna-Copitz ein achtloses Vorgehen gegenüber den Genossenschaftsmitglieder*innen ist. 

Diese Kiefer wurde am Dienstag, den 08.10.2019, gegen 7:00 Uhr ohne Ankündigung und Nennung von Gründen gefällt. Die Mieter zeigen zurecht Unverständnis. Der Baumschutz muss wieder verschärft werden!
Diese Kiefer wurde am Dienstag, den 08.10.2019, gegen 7:00 Uhr ohne Ankündigung und Nennung von Gründen gefällt. Die Mieter zeigen zurecht Unverständnis. Der Baumschutz muss wieder verschärft werden!

Zudem sagte er auch, dass die WGS für die Schaffung und Pflege von Ersatzbegrünung sorgen müsse, da sonst die Lebensqualität vor Ort nicht erhalten bliebe. Und das stimmt – Neubauten und Parkflächen allein machen ein Wohngebiet noch nicht wohnlich. Grünflächen statt versiegelter Stellflächen sowie eine entsprechende Bepflanzung sorgen dafür, dass man sich nicht nur in den Neubauten, sondern auch drumherum wohl fühlt.

Wie kann es zu solchen Fällungen ohne Ankündigung kommen?

Dass es scheinbar nicht viel braucht, um als Flächeneigentümer und Vermieter einfach so ein paar Bäume beseitigen zu lassen, die Mieter*innen Lebensqualität schenken, ist auf das „Baum-ab-Gesetz“ zurückzuführen. So wird von Kritikern die 2010 von der damals schwarz-gelben Landesregierung vorgenommene Aufweichung der Baumschutzsatzung in Sachsen genannt. 

Aufgrund der damaligen Bemühungen von CDU und FDP können Kommunen keine eigenen, strengeren Verordnungen mehr verabschieden und müssen den Fällarbeiten auch nicht mehr zustimmen. Eine Prüfung eines solchen Vorgehens und darauf folgender Baumaßnahmen – eventuell sogar trotz anstehender Flächenversiegelung – wird damit auch obsolet.

LINKE unterstützt GRÜNE: Wir wollen, dass Bäume wieder geschützt werden

Vorgeschobene Gründe und neuer Parkplatz

Am Ende des SZ-Artikels werden auch noch einmal Aussagen von Matthias Staude herangezogen, seines Zeichens WGS-Vorstand. Ihm zufolge sollte die Kiefer gefällt werden, da sie aufgrund ihrer Höhe bei Wind drohte, die Giebelseite des Wohnhauses zu beschädigen. Warum dann nicht nur eine Kürzung vorgenommen wurde, wird aus Folgeaussagen ersichtlich, die den Gebäudeschutz als vorgeschobenen Grund entlarven. 

So sollen die weiteren vier Bäume, welche weiter abseits stehen, tatsächlich auch gefällt werden, um einem neuen Parkplatz zu weichen. Die Mieter*innen sollen, laut dem Zeitungsbericht, „rechtzeitig über die Maßnahmen informiert“ werden. Wie gut das klappt, hat man am Dienstag, gegen 7:00 Uhr gesehen. Ob dem Wunsch nach Neubegrünung nachgekommen wird, steht noch aus; immerhin sei ja aktuell keine Pflanzzeit, sagte der WGS-Vorstand laut SZ.

Grüner Blickwinkel auf dieses Thema

Der Baumschutz ist natürlich ein Anliegen von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sowohl in der Stadt als auch im ländlichen Raum. Selbstverständlich wäre im konkreten Fall auch eine ordentliche Kommunikation von dagegen gehenden Maßnahmen sowie der Ausarbeitung von Ausgleichsmaßnahmen innerhalb einer Wohnungsgenossenschaft zu begrüßen. 

Bäume geben den Menschen nicht nur Sauerstoff, den sie unter anderem aus dem Kohlenstoffdioxid (CO2) der umgebenden Luft gewinnen, sondern spenden auch Schatten und Schutz bei Regen. Außerdem werten sie eine Landschaft, eine Wohnsiedlung sowie weitere Gegenden auf. Eine Fällung von gesunden Exemplaren, zumal mit zweifelhaften Gründen, ist also nicht vertretbar.

Bäume sorgen kurzum für Lebensqualität und sind ein wichtiger Teil der Natur sowie der sich um sie bildenden Ökosysteme. Fallen gesunde Exemplare nicht weiter kommunizierten sowie mitnichten ausdiskutierten Maßnahmen der Flächennutzung respektive -versiegelung zum Opfer, ist das für uns Grüne ein Anlass (nebst vieler Gründe), die Sächsische Baumschutzsatzung auf den Prüfstand zu stellen und zu verschärfen.