Aktion Zivilcourage vom OKB-Ausschuss die Fördermittel gestrichen [Updated]

Wer den Pirnaer Anzeiger vom 12.02.2020 aufschlägt, erfährt in der Bekanntmachung der Beschlüsse der 5. Sitzung des Ausschusses für Ordnungs-, Kultur- und Bürgerschaftsangelegenheiten (OKB), dass die Fördermittel für Projekte des Vereins „Aktion Zivilcourage“ auf 0,00 € gekürzt worden sind. Von der Stadt als Fördermittel eingestellt waren 9000,00 € laut Förderrichtlinie der Stadt Pirna vom 11.12.2007 (Vorlage-BVL-20/0121-40.2).

Auf das Projekt „Starke Kinder und Jugendliche vor Ort – Empowerment für Demokratie und Courage“ sollten 6500,00 € entfallen und auf das Projekt „Die gläserne Stadt“ 2500,00 €.

Mit dem Beschluss des Ausschusses wurden die Zuschüsse für die Durchführung von Kinder- und Jugendarbeit im Jahr 2020 praktisch halbiert. Wir dürfen gespannt sein, wo sich das Geld wiederfindet.

Bekanntmachung im Pirnaer Anzeiger vom 12.02.2020: Der Aktion Zivilcourage wurden die Mittel nicht nur gekürzt, sondern für ihre zwei sonst geförderte Kinder- und Jugendprojekte komplett gestrichen.
Bekanntmachung im Pirnaer Anzeiger vom 12.02.2020: Der Aktion Zivilcourage wurden die Mittel nicht nur gekürzt, sondern für ihre zwei sonst geförderte Kinder- und Jugendprojekte komplett gestrichen.

Der Verein „Aktion Zivilcourage“ (AZ)

Angefangen hat die AZ 1998 als spontane Initiative Pirnaer Jugendlicher. Heute ist es ein anerkannter Verein, der Bildungsangebote für Jugendliche und Menschen aller Altersgruppen anbietet. Dazu aus dem Leitbild:

Wir sind davon überzeugt, dass sich eine lebendige und stabile Demokratie durch selbstbewusste Menschen auszeichnet, die am Gemeinwesen mitarbeiten. Das Engagement jedes einzelnen Menschen für Demokratie wird vor allem durch motivierende und positive Erfahrungen gefördert. Die Basis dieser Erfahrungen sehen wir in der Achtung der Menschenwürde und der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Quelle

Im vergangenen Jahr erhielt die AZ für ihr Projekt „Ich bin wählerisch“ den Bernhard-Vogel-Bildungspreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Jahr zuvor 2018 wurde sie von der Ostsächsischen Sparkasse Dresden als Verein des Jahres in der Kategorie „Soziales“ ausgezeichnet.

Engagement für Menschenwürde und Kontroversität im Meinungsaustausch in Pirna nicht mehr förderungswürdig

Es ist an der Zeit, in Pirna zu klären, was als Normalität gelten soll und wo Grenzen gezogen werden müssen. Während die gesamte Bundesrepublik über den „Dammbruch“ von Erfurt diskutiert, in jeder Talkshow thematisiert wird, wie Abstimmungen dafür genutzt werden, um das Land zu verändern, gibt es in Pirna keine „Dammbrüche“, sondern schon die Normalität solcher Abstimmungen.

Im November konnten wir Bürger*innen der Stadt gut beobachten, wie mit den Stimmen von AfD, Freien Wählern, CDU und Pirna kann mehr, verhindert wurde, dass Vertreter der Bürgerinitiative „Dohna“ eine der Mehrheit des Rates wohl unangenehme, aber sehr profunde Darstellung zu einigen Fakten des IPO vortragen konnten. Kontroversität? Fehlanzeige!

Zu fragen ist: Wer soll hier ermutigt, wer in seine Schranken gewiesen werden? Wenn sich die AZ für Zivilcourage, gegen Rechtsextremismus und Hate Speech einsetzt, welches Zeichen geht dann vom Rat der Stadt an die Bürger*innen?

[Update 20.02.2020]

Zu fragen ist weiter: Erleben wir in Pirna gerade die Anfänge dessen, was Björn Höcke am 17.02.2020 in Dresden vor seinen jubelnden Anhängern von PEGIDA ankündigte? „ […] Deswegen werden wir diese sogenannte Zivilgesellschaft, die aus Steuergeldmillionen finanziert wird, dann leider trockenlegen müssen.“ (Quelle) Ist das die Botschaft der Entscheidung des Ausschusses?

[Update Ende]

Ein Rollback in Pirna verhindern!

Die AZ gründete sich zu einer Zeit, als Pirna und der Kreis Sächsische Schweiz / Osterzgebirge in die Schlagzeilen geraten waren, u. a. wegen der 2001 verbotenen Gruppe „Skinheads Sächsische Schweiz“ und der allgemein gestiegenen Gewaltbereitschaft rechter Jugendlicher gegen Andersdenkende und Menschen nichtdeutscher Herkunft.

Seitdem hat sich Pirna verändert, hat sich verwandelt in eine freundliche Stadt, in der alljährlich der Markt der Kulturen abgehalten und der CSD begangen wird. Die vielen Touristen goutieren das, sie strömen in Scharen in die schöne Stadt und bewundern den „Sandstein voller Leben“.

Wollen wir ernsthaft zurück? Schon fordern Ratsmitglieder, dass die Regenbogenflagge zum CSD nicht mehr am Rathaus hängen darf. Und was soll die Botschaft der nicht bewilligten Fördermittel sein? Haben wir schon zu viel Demokratie, zu viele selbstbewusste Menschen, die am Gemeinwesen mitarbeiten? Es ist zu befürchten, dass die rechts-konservative Mehrheit des Rates den Vorschlägen des Ausschusses folgt… und die Stadt damit weiter verändert. Zurück in die Neunzigerjahre.

Dr. Bärbel Falke (Sprecherin des Stadtverbandes Pirna von BÜNDNIS 90/Die Grünen)

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