Sparsame Kubatur gepaart mit Car-Sharing 24. Januar 202328. Februar 2023 Warum Bündnis 90 / Die Grünen für die neue Konzeption des B-Plans 99#2 ist! Interessen der Bürgerinitiative bezüglich des B-Plans 99 Bürgerinitiativen, wo immer sie sich bilden und womit auch immer sie sich beschäftigen, haben das gute Recht, den Finger in die Wunde zu legen. Die Hauptargumente der Graupaer Bürgerinitiative „Bürgerinitiative 99“ gegen die B-Plan-Änderung und die damit verknüpfte ganzheitliche Bebauungskonzeption in Form von drei Staffelgeschoss-Komplexen mit gemeinsamer Tiefgarage sind: Diskrepanz zum bisherigen Baubestand in der Umgebung („untypisch“), Überdimensionierung („28 WE sind zu viel[e] Neue[s]“), Überlastung der Verkehrsflüsse im Quartier („zu viele neue PKW auf bisher schon ungeeigneten Straßen“), in alten B-Plänen festgelegte Verbote oder Gebote werden wechselseitig im neuen Plan auf den Kopf gestellt (z. B. Anlage einer Tiefgarage, „mangelnde Verlässlichkeit“). Und unter der Hand wird Vetternwirtschaft kolportiert, weil einem Investor angeblich eine günstige Neuplanung offeriert wird. Dies kann man subsumieren unter dem Credo: wir befürchten eine gravierende Einschränkung unserer Lebensqualität, fühlen uns bei unseren Entscheidungen für unseren Eigenheimbau oder den Bezug einer Mietwohnung in Graupa nachträglich betrogen und sind deshalb von vornherein gegen diese Neuplanung, denn sie bewirkt Verdichtung von gemeinschaftlichem Leben und Mobilität. Ziele bündnisgrüner Baupolitik Dass die Lebensqualität in unserer Stadt auch in Zukunft einen hohen Standard aufweist, ist das Ziel bündnisgrüner Politik. Wir wollen, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger, sowohl die, die hier schon leben, als auch die, die zu uns kommen, in den städtischen Strukturen sowie der ländlichen Umgebung wohl fühlen. Insofern treffen wir uns in einigen Belangen mit der BI (z. B. hinsichtlich der Verkehrsbelastung im und außerhalb des Quartiers), müssen in vielerlei Hinsicht aber anders gewichten, um der Komplexität der Situation gerecht zu werden. Im Schwerpunkt wollen wir darauf achten, dass B-Plan-Änderungen und damit verbundene bauliche Maßnahmen ökologischen, insbesondere klimapolitischen Ansprüchen folgen. Dies bedeutet, dass wir grundsätzlich mehr Anwohner*innen in einem klimaneutralen Pirna haben wollen, denn sie vergrößern u. a. das Steueraufkommen und damit die Möglichkeiten, Zukunft zu gestalten, dennoch mit der Beschränktheit der Stadtfläche verantwortlich umgehen, Lückenschlüsse im Bestand dem Ausufern in die freie Landschaft und der damit verbundenen Vernichtung von Biotopen bzw. der Versiegelung von Natur vorziehen, mehr Menschen in unseren Kerngebieten ansiedeln und gleichzeitig die Infrastruktur in den Quartieren des Außenbereichs stärken, um die Wege zu verkürzen und Alternativen zur individuellen, an PKW gebundenen Mobilität anzubieten, Neues (und Bestehendes) die Menschen schonend, klimaverträglich und Kreisläufe fördernd, also nachhaltig für die Folgegenerationen, gestalten, regenerative Energien in allen Lebensbereichen zum notwendigen Vorrang bringen, … . Das bedeutet in Summe, dass wir immer über den Tellerrand der individuellen Betroffenheit hinausschauen und Lösungen durch mehrperspektivisches Abwägen suchen müssen. Exkurs: Die B 90/Grüne-SPD-Fraktion hätte es gern gesehen, dass der Rat der Stadt Pirna einer Regelung zugestimmt hätte, Ökologie und Klimaneutralität in zukünftigen Bebauungsplänen im Sinne grundsätzlicher, prioritärer Detailvorgaben zu verankern. Leider ist dies (bisher) nicht gelungen. So bleibt es im Augenblick dabei, dass in den Begründungen zu Bebauungsplänen nach wie vor der Satz auftauchen wird: Der Kubatur der Gebäude ist der Vorzug vor der Nutzung von Photovoltaik zu geben. D. h. z. B., dass regenerative Energien bei der Anordnung des Baufelds, der Ausrichtung von Häusern oder der Wahl der Dachformen in Pirna für Planungsentscheidungen nicht an erster Stelle stehen. Bauwillige erhalten allerdings von der Verwaltung eine Empfehlungsliste, die sie bei der Ausführung ihrer Baupläne berücksichtigen können, falls ein Freiheitsgrad dafür im B-Plan besteht. Notwendigkeit der B-Plan-Änderung Dem in Rede stehenden neuen B-Plan 99 gehen zwei rechtskräftige Bebauungspläne der Stadt Pirna („Gärtnerweg“ [2014] und „Graupa – alte Gärtnerei“ [2018]) voraus, die die Bebauung der drei Parzellen auf der Rückseite des WGP-Gebäudekomplexes an der Nord-Süd-Achse des August-Röckel-Rings im Schnittpunkt von Baienfurter und Siegfriedweg regeln. Für alle Parzellen ist Dreigeschossigkeit mit ausgebautem Dachgeschoss (aber freien Dachformen) vorgeschrieben – sie passen sich damit der Bausubstanz am August-Röckel-Ring (alleinge Dachform: Satteldach) an und ergänzen diese in der Parallelität, sind aber von diesem deutlich durch eine breite Grünzone und hohen, alten Baumbestand optisch getrennt. Die nördliche und mittlere Parzelle werden über den Baienfurter Weg erschlossen, während die südliche Parzelle mit dem Siegfriedweg verknüpft sein soll. D. h., hier fehlt(e) eine ganzheitliche konzeptionelle Vorgabe für die drei Liegenschaften. Der Baienfurter Weg ist inzwischen ebenso wie der hintere, als Sackgasse ausgebildete (ohne fußläufige Verbindung zum Gärtnerweg) Siegfriedweg als private Spielstraße mit engem Profil ausgebaut; an beiden Wegen stehen großzügig angelegte Einfamilienhäuser in 1,5- oder 2-geschossiger Bauweise. Sie haben sich damit in das ältere Gebäudeensemble an den übrigen Straßen und Wegen im Quartier eingefügt, von dem sich nur die sehr langgestreckten WGP-Hochhäuser (vier 4-geschossige und zwei 3-geschossige, jeweils mit steilem Satteldach, sowie ein 3-geschossiges mit massivem Dachausbau; alle Gebäudekomplexe wirken durch ihr zur Hälfte oberirdisches Kellergeschoss besonders mächtig) am August-Röckel-Ring gestalterisch deutlich abheben. Zur Ehrenrettung der ehemaligen B-Planer sei vermerkt, dass sie die Stufung in den Gebäudehöhen von den EFH am Baienfurter bzw. Siegfriedweg über die neuen Gebäude auf den drei Parzellen zum Gebäudekomplex am August-Röckel-Ring im Blick hatten und festgelegt haben. Wie die Beschreibung der Situation zeigt, entstammt die Forderung der Bürgerinitiative, die neue Bebauung am Siegfriedweg müsse sich in die ortstypische, dörfliche Struktur einpassen, offensichtlich einer mystischen Verklärung. Der Ortsteil Pirna-Graupa versammelt inzwischen ca. 3.000, zumeist im Dresdner Raum berufstätige Einwohner*innen, weist in den Teilquartieren jede Menge unterschiedliche Baustile auf, hat jede seiner ihn ehemals prägenden Kneipen verloren, der einzige Tante-Emma-Laden außerhalb des Quartiers am Ende der Richard-Wagner-Str. ist durch einen großflächigen Einkaufsmarkt ersetzt worden. Wem es gelingt, die Gebäude am August-Röckel-Ring zu übersehen, dem wird es auch bei den neuen gelingen – es sei denn, der alternative Anblick lässt einen aufmerken. Die visionäre Neukonzeption einer möglichen Bebauung Die alten Bebauungspläne schließen den Bau von kleineren Ein- oder Zweifamilienhäusern auf den drei Parzellen aus und geben dem Mehrfamilienhaus den Vorzug. Das ist aus unserer Sicht auch nachträglich sehr sinnvoll, weil es die Notwendigkeit großflächiger Versiegelung durch viele alternativ zu erstellende Einzelgebäude und ihre Zuwegungen, insbesondere hier im Außenbereich der Stadt, vermeidet. Gleichzeitig wird die Masse von klimaschädlichem Beton und anderen Materialien, die ansonsten für etliche Einzelobjekte verbaut werden müssten, deutlich minimiert. Das Planungsbüro Uniplan Management GmbH aus Dresden hat dem Investor mehrere Entwürfe für die drei Parzellen als bauliche Zielperspektive vorgelegt, die er dort nach einer entsprechend angepassten B-Plan-Änderung für das Areal verwirklichen möchte. Diese sind den Bürgerinnen und Bürgern sukzessive zugänglich gemacht worden, obwohl sie eigentlich erst zu einem der Folgeschritte im Prozess einer Plan-Änderung gehören. D. h., wir sehen hier gelebte Bürgerbeteiligung, die zur einer positiven Beeinflussung der Planungsideen, z. B. bei den Gebäudeprofilen und dem Fußweg am vorderen Siegfriedweg, geführt hat. Bündnis 90 / Die Grünen begrüßen diese Konzeption und ihre Fortschrittlichkeit, weil die Staffelgeschoss-Bauweise ein vollständiges, viertes Dach-Geschoss garantiert, wobei die Gesamthöhe sowie das Volumen des Korpus trotzdem gegenüber den derzeitigen Planvorgaben im Sinne einer Optimierung geringer ausfallen, die Einschränkungen hinsichtlich der Aussicht und damit des Lebensgefühls für die Bewohnerinnen und Bewohner des WGP-Gebäudes reduziert werden, die Staffelstruktur der Geschosse mit den Farbelementen die Gebäudefront aufgelockert und damit deutlich weniger als Fremdkörper mit einer starren Außenhaut erscheinen lässt, KFZ aus dem Sichtbereich aller Anwohnerinnen und Anwohner durch die für den gesamten Gebäudekomplex vorgesehene Tiefgarage verschwinden, der Magerrasen auf den Flachdächern (s. u.) Vorteile für die Wasserverdunstung und das Mikroklima bewirkt, Bepflanzungen um die Gebäude weitere positive Effekte auf das Mikroklima haben, Lärmemissionen durch das nach innen verlagerte Tiefgaragentor und den Flüsterasphalt in der Einfahrt zur Tiefgarage vermieden werden, notwendige Stellflächen über das integrierte Car-Sharing-Angebot (geringerer Grad an Versiegelung) reduziert und ein zusätzliches Mobilitätsangebot, evtl. auch für Bewohner*innen des Quartiers, realisiert werden, … . Zu viele Autos im Quartier schränken die Beweglichkeit und Sicherheit des einzelnen ein – Freiheit und die Grenzen der Freiheit Die vorgestellte Verkehrsanalyse mag viele Anwohnerinnen und Anwohner nicht befriedigen. Es kann sein, dass die zugrunde gelegten Zahlen nach subjektivem Empfinden zu niedrig angesetzt sind. Aber ein Fachbüro hat eine auf Fakten und Erfahrung basierende Analyse vorgelegt, aus der heraus Varianten für das Verkehrsmanagement im Quartier (und rund um das engere Quartier!!!!!) zu entwickeln und zu erproben sind. Klar ist geworden, dass der Zustand der Straßen, die Ausbildung der Weg- / Straßenprofile und damit letztlich die Sicherheit für Fußgänger*innen, Rad- und Autofahrer*innen dringend verbessert werden müssen; darum werden wir Bündnisgrünen uns kümmern, weil diesbezüglich im gesamten Graupaer Gebiet einiges im Argen liegt. Die Zusicherung der Stadtverwaltung war, dass Anwohner*innen für den Umbau nicht zur Kasse gebeten werden. Der modale Filter mitten im Quartier im Übergang vom A.-R.-Ring in den Pirnaer Weg (Wegsperre in Variante 1) findet unsere Zustimmung, weil er die Verkehrsströme im Quartier einigermaßen gerecht teilt und damit wechselseitig zu einer Entlastung führt. Sehr kritisch fügen wir an, dass, sollte diese Variante zur Realisierung anstehen, vorher eine Umgestaltung der Richard-Wagner-Str. zwischen Bushaltestelle „Tiefer Grund“ und Kreuzung mit der Borsbergstraße im Sinne der Verkehrssicherheit erfolgen muss. Begründung: Alle KFZ-Bewegungen aus und zum August-Röckel-Ring beim Weg zur Arbeit in Richtung Dresden oder für Einkaufsfahrten zum Areal des Penny-Markts werden in Variante 1 über die Engstelle vor der Kreuzung geführt werden, was ohne Fußwege und eine von den Autofahrer*innen ignorierte 30 km/h-Zone lebensgefährlich sein wird. Denn hier konkurrieren PKWs / LKWs und zwei Buslinien mit zu Fuß zur Bushaltestelle oder Werkstätte gehenden Schüler*innen und sich auf ihren Spezialrädern, immer wieder mal auch gegen den Verkehr, bewegenden Menschen mit Handicap; diese Verkehrsteilnehmer*innen pendeln zwischen den Häusern rund um den Dorfplatz in Graupa und den Werkstätten an der Richard-Wagner-Straße, morgens hin und nachmittags zurück. Als Lehre aus dieser durch die enge Bebauung mit eingeschränkten Wegprofilen herbeigeführten Verkehrssituation müsste für die Gestaltung weiterer B-Pläne der Schluss gezogen werden, über eine gesonderte Parkfläche am Rand eines Areals nachzudenken. Ziel sollte sein, den Individualverkehr zu den Häusern zu beschränken und damit den Wegen im Quartier weitgehend den Charakter von Spielstraßen mit Räumen für Begegnungen zu geben. Machen wir die Quartiere zu autofreien Zonen! Die Frage ist doch, warum jede Eigentümer*in oder Bewohner*in ihr Mobil unbedingt unmittelbar unter dem Schlafzimmerfenster parken und damit Flächen, die die Natur zum Atmen braucht, versiegeln muss. Auf den gesonderten Parkflächen im Nahbereich des Quartiers könnten PKWs der Bewohner*innen sowie von Gästen abgestellt werden, und wir würden so die alltäglichen, lästigen Verkehrsbewegungen im Quartier reduzieren. Weitergehende Wünsche von Bündnis 90 / Die Grünen an Investor und Planer Selbstverständlich für uns Grüne ist, dass das Regenwasser auf den Parzellen versickern muss. Das ist in den Sandern des Elbtals möglich und auch für andere Bebauungen im Gebiet Pflicht. Zu überlegen wäre, ob das Regenwasser in einer Zisterne im Bereich der Tiefgarage aufgefangen und den Toilettenspülungen in den Gebäudekomplexen über eine Sonderverrohrung mit zwischengeschaltetem Zähler (Berechnung als Abwässer) zugeführt wird. Zusätzlich zum Magerrasen passen auf den Flachdächern aufgeständerte PV-Module, die in süd-öst-(west)licher Richtung angeordnet werden. Sattel- (weniger effektiv bei paralleler Nord- / Süd-Richtung), Walm- oder Krüppel-Walm-Dach können weder den einen noch den anderen Zweck erfüllen. In Kombination mit Batteriespeichern im Bereich der Tiefgarage können PV-Module die Wohnungen kostengünstig und dauerhaft mit eigenem Strom versorgen. Dann machen Wärmepumpen-Aggregate für die Beheizung der Wohnungen, die die Raumluft der Tiefgarage nutzen, besonders viel Sinn (Sektorenkopplung). Mit den ab 2025 verpflichtend einzubauenden Smart-Metern können Mieter-Eigentümer-Lösungen gerecht kreiert und Sonnenstrom in Verbindung mit Wallboxen für die Mobilität (weiteres Element in der Sektorenkopplung) genutzt werden. In Absprache mit den Stadtwerken sollten auch optisch unauffällige Balkon-PV-Module an den Staffelgeschossen möglich sein. Die wenigen Stellplätze am Wendehammer des Baienfurter Weges müssen natürlich mit Rasensteinen gepflastert sein. An der Ausfahrt der Tiefgarage sollte eine Signallampe Menschen warnen, die sich auf dem Siegfriedweg vor der Ausfahrt bewegen. Wir sind gespannt darauf, wie sich dieses Projekt entwickelt. Wir begrüßen die Planungsideen und sagen zu, die Realisierung unterstützend, aber auch konstruktiv-kritisch zu begleiten. *Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Uniplan Dieter Wiebusch