Was sonst, wenn nicht so!

Egal, wie man sich entscheidet – Menschen suchen Wohnraum, auch in Graupa. Und hier soll er entstehen. Das ist gut so!

In den letzten Wochen hat sich die Diskussion zwischen Investor / Planer in Kooperation mit der Stadtverwaltung und der BI „Bürgerinitiative 99“ noch einmal intensiviert. Die Beteiligten wägen nach wie vor das Pro und Contra der Änderung bestehender Bebauungspläne im Quartier um Siegfriedweg bzw. Baienfurter Weg sowie Pirnaer Weg ab. Ganz viel war in Bewegung gekommen, nachdem die Mitglieder der BI ihre Finger in die Wunde gelegt, Protest angemeldet und Vorschläge gemacht hatten. Hilfreich für die Klärungsprozesse waren Informations- und Austauschveranstaltungen im Graupaer Jagdschloss wie auch im Ortschaftsrat. Zusätzlich haben kontrovers aufgenommene Ausführungen in der Homepage von Bündnis 90 / Die Grünen (24.01.2023) und eine Alternativplanung für neue Gesprächsanlässe gesorgt. Jetzt ist die Zeit reif für eine erneute Empfehlung des Ortschaftsrats Graupa am 28.02.2023 zum Start des Bebauungsplanverfahrens „B-Plan 99“.

Was liegt auf dem Tisch?

A) Es geht um ein noch zu bebauendes Wiesengelände an Siegfriedweg bzw. Baienfurter Weg in Pirna-Graupa. Dieser Bereich gliedert sich in drei Parzellen, für die jeweils in den beiden rechtskräftigen Bebauungsplänen „Gärtnerweg“ und „Graupa – Alte Gärtnerei“ Vorgaben gemacht worden sind. Diese ähneln sich in sehr vielen Bestimmungen, unterscheiden sich aber vor allem bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung sowie der Bauweise deutlich.

 

B) Es gibt das Interesse eines Investors, die drei Parzellen in einem Gesamtkonzept zu bebauen; dafür hat das von ihm beauftragte Planungsbüro Uniplan Management GmbH Dresden eine Vorskizze erstellt, die die gewünschte Bebauung in ihrem Umfeld veranschaulicht (Abb. zum Artikel, mit freundlicher Genehmigung von Uniplan, modifiziert). Es sind drei Gebäudekomplexe, jeweils in 3-geschossiger Staffelgeschoss-Bauweise mit aufgesetztem, teilweise reduziertem Vollgeschoss unter einem Flachdach mit Dachbegrünung, vorgesehen. Nur an der Ein- / Ausfahrt unten mittig im Bild zu erkennen, befindet sich unter den Gebäude-Kuben eine durchgehende Tiefgarage. Um dieses Projekt in dieser oder ähnlicher Weise realisieren zu können, bedarf es eines neuen Plans, in dem die Bebauung für die drei Parzellen einheitlich neu geregelt ist = „B-Plan 99“ in der städtischen Systematik.

C) Von interessierter Seite ist ein alternatives Konzept in den Veranstaltungen vorgelegt und diskutiert worden, hinter dem sich auch Mitglieder der BI „Bürgerinitiative 99“ versammeln, weil es fast alle Kritikpunkte der BI an der baulichen Konzeption des Investors aufnimmt. Auf der Grundlage der bestehenden B-Pläne sind drei 3-geschossige Gebäude-Körper mit herkömmlicher Außenfassade und ausgebautem Krüppel-Walm-Dach vorgeschlagen worden. Während am südlichen Baukörper sieben oberirdische KFZ-Parkplätze als Außenanlage, ausgerichtet zum Siegfriedweg, vorgesehen sind, erstreckt sich unter dem mittleren und nördlichen Baukörper eine gemeinsame Tiefgarage, deren alleinige Ein- bzw. Ausfahrtrampe sich als Außenanlage in einer Rechtskurve (bei der Ausfahrt sehr gewöhnungsbedürftig in einem schmalen „Schlauch“) nördlich um den Baukörper herum zum Wendehammer des Baienfurter Wegs zieht.

Vorteile des Investor-Konzepts – bauliche Aspekte

Besonders in Abgrenzung zum Alternativkonzept können die Argumente von Bündnis 90 / Die Grünen nochmals geschärft und auf die Befürwortung des Investor-Konzepts konzentriert werden. Folgende Vorteile sehen wir:

  • das Dachgeschoss ist ein Vollgeschoss und bietet daher in den Wohneinheiten vollwertigen Wohnraum, was aufgrund der Sächsischen Bauordnung beim Krüppel-Walm-Dachausbau für das 4. Geschoss nicht gegeben ist;
  • mit dem Flachdach weisen die Gebäudekomplexe eine geringere Gesamthöhe des Kubus auf, was die Einschränkungen in der Fernsicht für die Bewohner*innen in den Häusern der WGP am August-Röckel-Ring vermindert und den Übergang von den niedrigen Ein- / Zweifamilienhäusern am Baienfurter bzw. Siegfriedweg zum 4-geschossigen WGP-Komplex harmonisch gestaltet;
  • die Regenwasserverdunstung durch die nur auf dem Flachdach mögliche Dachbegrünung sorgt für ein gutes Mikroklima und reduziert das Volumen, während der Niederschlag über die Pfannen und Rinnen des Krüppel-Walm-Daches vollständig in die Fallrohre geleitet wird und im Erdreich rund um die Häuser versickern muss;
  • der Grad der Versiegelung durch Außenanlagen ist wegen der reduzierten Anzahl an oberirdischen Einstellplätzen (Versickerung durch Rasensteine ermöglichen) und der fehlenden, langsam ansteigenden Ausfahrtrampe gering; dieser Vorteil wird auch nicht durch die Versiegelung aufgrund des Tiefgaragentunnels zwischen südlichem und mittlerem Komplex kompensiert (auf dem Tunnel zwischen mittlerem und nördlichem Komplex ist ein Eingangsbereich / Begegnungsraum bzw. Durchgang [s. u.] geplant).

Vorteile aus dem Investor-Konzept – verkehrstechnische Aspekte

  • Der Baienfurter Weg ist ein Privatweg, der in Form eines Begegnungsraums mit einem äußerst schmalen Wegprofil (weitere Reduktion durch Straßenlaternen) und rechtwinkeligen Kurven (bauliche Maßnahmen der Geschwindigkeitsreduktion) gestaltet ist; eine weitere Besonderheit ist, dass man auf der Wegstrecke von der Einmündung aus dem Gärtnerweg bis zum Wendehammer 33 Grundstückseinfahrten passieren muss, die natürlich ein enormes Gefährdungspotential für Kinder, insbesondere hastende Kinder auf ihrem Schulweg beinhalten. Wenn hier nur wenige Stellplätze oberirdisch am mittleren und nördlichen Gebäudekomplex für Bewohner*innen bzw. Besucher*innen ausgewiesen sind, entsteht kein gravierendes, zusätzliches Verkehrsaufkommen vom bzw. zum Ende des Baienfurter Weges. Dies ist u. E. gut für die Bewohner*innen am Weg und die Schüler*innen, die diese Verbindung aus dem Quartier täglich als sicheren Schulweg zur GS Graupa nutzen (im Alternativ-Konzept KFZ-Ströme, basierend auf ca. 18 neuen Wohneinheiten);
  • Durch das Car-Sharing, das der Investor vorsieht, kann auf 3 bis 5 Stellplätze im Gesamtgebäudekomplex verzichtet werden; dadurch entsteht ein modernes Mobilitätsangebot im Quartier.
  • Der Bürgersteig, der entlang des vorderen Siegfriedwegs auf dem Grundstück angelegt werden soll, strukturiert das Straßenbild (Geschwindigkeitsreduktion) und schafft zusätzlich Sicherheit für Fußgänger*innen (Teil des Schulwegs aus dem Quartier) und Autofahrer*innen.
  • Die gesicherte Ein- / Ausfahrt der Tiefgarage zum Siegfriedweg unterbricht den Bürgersteig nur an einer Position.
  • Die Tiefgarage lässt KFZ-Karossen aus dem Sichtbereich verschwinden und reduziert die Lärm- und Abgas-Emissionen in diesem Teil des Quartiers.

Vorteile durch ein neues Verkehrsmanagement im Quartier

Die Stadtverwaltung hat in Kooperation mit dem Investor / Planer eine Verkehrsanalyse (Verkehrsplanung Köhler u. Taubmann GmbH Dresden – alle off. Planungsunterlagen im Ratsinformationssystem [https://www.pirna.de/stadtinfo/aktuelles/aktuelle-meldungen/wohngebiet-am-siegfriedweg-praesentationen-zum-sachstand/]) für das Quartier erstellen lassen, auch um die Beeinflussung des Verkehrsgeschehens durch die KFZ aus den 28 neu entstehenden Wohneinheiten im Gebäudekomplex zu überprüfen.

  • Die derzeitige unzureichende Dimensionierung und der nicht befriedigende Erhaltungszustand des Straßenraums im Quartier werden bestätigt.
  • Die Stadtverwaltung sagt Ausbaumaßnahmen zu, die nicht zu Lasten der Anwohner*innen gehen sollen.
  • Die Intensität der Verkehrsflüsse im Quartier ist beachtlich und erfordert aus Sicht der Verkehrsplaner eh eine Antwort in Form eines neuen Verkehrsmanagements.
  • Das zusätzliche Verkehrsaufkommen auf dem Siegfried- und Pirnaer Weg, verursacht durch die Mobilität der ca. 60 neuen Bewohner*innen aus den drei Gebäuden, verändert die Intensität nicht gravierend, ist aber ein zusätzliches Argument für das zu kreierende Verkehrsmanagement.

Bündnis 90 / Die Grünen bringen eine Synthese der in der Verkehrsanalyse vorgeschlagenen Verkehrsmanagement-Varianten als zusätzliches Argument für die Entscheidung zugunsten des Investor-Konzepts ein.

 

Grundsätzliche Überlegung: Die Anwohner*innen / Mitglieder der BI haben natürlich Recht mit ihrer Befürchtung, dass zusätzliche Verkehrsflüsse aus der bzw. zur Tiefgarage am Siegfriedweg aufkommen werden und daraus stärkere Belastungen für die Bewohner*innen im südlichen Teil des Quartiers resultieren könnten. Diese können nur dadurch kompensiert werden, dass die KFZ-Bewegungen von Nord nach Süd an anderer Stelle gestoppt werden. Durch einen neu einzurichtenden „modalen Filter“ (Poller etc., die die Durchfahrt für KFZ sperren) am Übergang vom A.-Röckel-Ring in den Pirnaer Weg wird der motorisierte Verkehr im gesamten Quartier quasi halbiert: Der August-Röckel-Ring bildet ein Wegsystem im nördlichen Teil aus, während Pirnaer Weg und Nebenstraßen den südlichen Teil durchziehen bis zum Gärtnerweg.

Auflistung der modifizierten Elemente im Verkehrsmanagement und ihre Vorteile

  • Am August-Röckel-Ring selbst bleibt hinsichtlich der Verkehrsbewegungen alles unverändert (weitgehend Tempo-30-Zone, Einbahnstraßen-Regelung im südlichen Teil). Die Sperre bewirkt, dass der motorisierte Verkehr diesen Bereich nur über die Richard-Wagner-Straße verlassen kann, also z. B. für Einkaufsfahrten mit dem PKW zum Penny-Markt ein anderer Weg genommen werden muss. (Anmerkung: Das hat gravierende Auswirkungen auf die Verkehrssituation auf der Richard-Wagner-Straße zwischen A.-R.-Ring und Borsbergstraße; s. Ausführungen am 24.01.23.)
  • Die Verkehrsflüsse auf dem Baienfurter Weg tangieren die beiden Bereiche nicht; die Situation auf dem Weg selbst wird aufgrund der wenigen oberirdischen Stellplätze am Wendehammer nur geringfügig negativ beeinflusst; der Weg kann weiterhin als „verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325)“ ausgewiesen werden.
  • Dasselbe gilt für den hinteren Teil des Siegfriedwegs, wo sich die Wohn- / Verkehrs-Situation durch den neuen Gebäudekomplex nur marginal verändert.
  • Solange keine baulichen Veränderungen im Pirnaer Weg und der Karl-Marx-Straße vorgenommen worden sind, bleiben sie Tempo-30-Zonen; danach könnten sie ebenfalls die Zuschreibung „verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325)“ erhalten.
  • Der nördliche Teil des Pirnaer Weges zwischen Siegfriedweg und Karl-Marx-Straße bzw. Tannhäuser Weg kann in beide Richtungen befahren werden; es müssten evtl. Parkplätze für PKW außerhalb der angrenzenden Grundstücke durch Markierungen auf der Fahrbahn ausgewiesen werden.
  • Der südliche Teil des Pirnaer Wegs bis zur Einmündung in den Gärtnerweg wird zur Einbahnstraße in Nord-Süd-Richtung (Ausnahme Radfahrer*innen und PKW zu den Garagen unmittelbar am Gärtnerweg).
  • Quintessenz: Für die heute schon stark betroffenen Bewohner*innen am Pirnaer Weg wird die Sperre am nördlichen Ende des Weges eine deutliche Entspannung und keine zusätzliche Belastung durch die Neubauten hinsichtlich der Intensität der Verkehrsflüsse bringen.
  • Im Tannhäuser Weg wird der bestehende „modale Filter“ an die Kreuzung mit dem Pirnaer Weg versetzt; der Weg bleibt „verkehrsberuhigte Zone (Zeichen 325)“. Für die Bewohner*innen im Tannhäuser Weg ergibt sich keine Änderung in der Intensität der Verkehrsflüsse. (Anmerkungen: die Parkplatz-Situation an der Praxis der Zahnärztin L. muss neu geregelt werden; evtl. reichen Fahrbahnmarkierungen für KFZ-Parkplätze in Längsrichtung auf dem Gärtnerweg aus [Geschwindigkeits-Reduktion]; evtl. muss aber auch zusätzlich die Schulweg-Sicherung überdacht werden [Überquerungshilfe].)
  • Die Karl-Marx-Straße erhält eine Einbahnstraßen-Regelung von West (Borsbergstraße) nach Ost (Pirnaer Weg). Dadurch wird hier das Aufkommen durch Verkehrsflüsse mit dem Quartier halbiert. Eine Fahrtrichtungsvorgabe auf dieser Straße bewirkt aufgrund der Rechts-vor-Links-Vorfahrtsregelung eine Geschwindigkeitsreduktion auf dem Pirnaer Weg; hier könnte im Zuge der Ausbaumaßnahmen ein „Berliner Kissen“ im gesamten Kreuzungsbereich zusätzlich für Sicherheit sorgen.
  • Dieselbe Reduktion hinsichtlich der Belastung durch Verkehre mit dem Quartier ergibt sich für Bewohner*innen am Gärtnerweg, weil die Zufahrt für KFZ von hier ins Quartier unterbunden ist.
  • Sofortige Entlastung für alle im Quartier: Dieses modifizierte Verkehrsmanagement lässt sich sofort in Form eines Verkehrsversuchs erproben. Es müssen nur der „modale Filter“ am Pirnaer Weg provisorisch erstellt bzw. am Tannhäuser Weg umorientiert und Verkehrsschilder für die verschiedenen Verkehrsführungen vom städtischen Verkehrsamt aufgehängt werden.

Vorteile, die sich aus weiteren Angeboten des Investors ergeben (Sitzung des ORG am 16.02.2023)

  • Bürgersteig auf dem eigenen Grundstück entlang des Siegfriedwegs (u. a. Schulweg-Sicherung); hier müssen sich Verhandlungen der Stadtverwaltung mit der WGP für die Fortführung des Bürgersteigs über das WGP-Gelände bis zum „modalen Filter“ (s. o.) anschließen;
  • Passage zwischen mittlerem und nördlichem Gebäudekomplex (die öffentliche, fußläufige Verbindung [Schulweg aus dem Quartier zum GL- / 83-Bus] zwischen Baienfurter Weg und WGP-Komplexen [neuer Parkplatz] erfordert allerdings Verhandlungen mit der WGP);
  • Öffnung der westlichen Grundstücksgrenze an den Gebäudekomplexen hin zur Grünzone entlang der WGP-Gebäude und Unterstützung bei der Schaffung von Begegnungsräumen in dieser vereinigten Grünzone (ebenfalls nach Verhandlungen mit der WGP);
  • Zeitfenster für die Bautätigkeit: es können Verabredungen mit den Anwohner*innen getroffen werden u. a. hinsichtlich der Arbeitszeiten am Bau, in denen Schwerlast an die Baustelle gebracht wird.
  • Ein Zeichen für den lösungsorientierten Verständigungsprozess: Diese Angebote haben sich im Wesentlichen nach entsprechenden Anregungen aus den Reihen der BI „Bürgerinitiative 99 “ ergeben. Sie sind es auf jeden Fall wert, für die weitere Entwicklung des Projekts, unabhängig von der Art der Realisierung, festgehalten zu werden.

Fazit

Wie Sie leicht feststellen werden, haben wir Fragen der Ästhetik und der Psychologie von Veränderungen in den Veröffentlichungen nicht bearbeitet. Wenn man die Vorteile aus dem Maß und der Art der Bebauung auf den drei in Rede stehenden Parzellen (Bau-Konzept) mit denen, die sich aus dem veränderten Verkehrsmanagement im Quartier ergeben (Verkehrs-Konzept), zusammenfügt, spricht aus unserer Sicht alles dafür, das Bebauungsplanverfahren in Gang zu setzen. Einen neuen „B-Plan 99“ zu erstellen, der dann die Realisierung des Investor-Konzepts ermöglicht, ist eine gute Option. Für die Bewohner*innen wäre es u. E. ein großer Vorteil, wenn ein Gesamtkonzept für die Baufelder existiert und damit die Bebauung der drei Parzellen zeitlich koordiniert (Reduktion der Einschränkungen aus Bautätigkeit und -lärm) und gestalterisch gleichförmig (Beruhigung für die Augen) erfolgt. Wenn die von Bündnis 90 / Die Grünen formulierten Wünsche (s. Homepage-Beitrag vom 24.01.23, und SZ, 24.02.23) dann auch noch in Erfüllung gehen, entsteht hier ein ökologisch wertvolles, bezogen auf die Energie- und Klimawende nachhaltiges Gebäude-Ensemble.

 

Autor: Dieter Wiebusch