Bücherverbrennung in Pirna vor 90 Jahren

Am 09. März 1933 holten SA – Männer aus der Buchhandlung in der Breiten Straße (heute Apotheke) Bücher sozialdemokratischen und kommunistischen Inhalts, warfen sie auf die Straße und verbrannten sie. Die umstehenden Menschen waren empört, konnten aber nichts dagegen unternehmen. Damit gehört Pirna zu den Orten, in denen schon zu diesem frühen Zeitpunkt Verbrennungen stattfanden. Sie wurden von der SA vor allem zur Einschüchterung politischer Gegner durchgeführt. Mit den Bücherverbrennungen gingen Plünderungen, Durchsuchungen und Verhaftungen einher.

Das Gedenken

Am 09. März 2023 versammelte sich eine kleine Schar von Menschen auf der Breiten Straße, um der Bücherverbrennung vor 90 Jahren zu gedenken. Aufgerufen dazu hatte das AKuBiZ und das Projekt „Verbrannte Orte“.

 

Wie betrachte ich einen Ort, wenn ich plötzlich um den historischen Hintergrund weiß? Was hätte ich als Zuschauerin der Verbrennung empfunden? Welche Atmosphäre herrschte wohl damals in der Stadt Anfang des Jahres 1933? Solche und andere Fragen gingen uns durch den Kopf während des kleinen Vortrags der jungen Frau vom AKuBiZ.

Das Projekt „Verbrannte Orte“

Im anschließenden Vortrag des Fotografen und Aktivisten Jan Schenck, des Gründers von „Verbrannte Orte“ in der Stadtbibliothek wurden sowohl weitere historische Fakten als auch die Ziele des Projektes deutlich. Es geht zum einen um die Dokumentation. Bisher gab es keine  vollständige Informationssammlung der Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland. Dank der Arbeit von J. Schenk und des von ihm gegründeten gemeinnützigen Vereins existiert jetzt eine interaktive Deutschlandkarte mit diesen Orten (www.verbrannte-orte.de). Auch sie ist noch lange nicht vollständig, da sich durch die Recherchearbeit oder auch ganz zufällige Begegnungen und Funde neue Erkenntnisse zu solchen Orten ergeben. Ein weiteres Ziel besteht in der Erinnerung. Das Projekt bietet neben der digitalen Karte auch eine Wanderausstellung und Vorträge an, die unterschiedliche Zugänge für die Erinnerungsarbeit anbieten. Aber auch Handeln gehört als Ziel dazu. Im Flyer heißt es: „Das Projekt ‚Verbrannte Orte‘ bietet zivilgesellschaftlichen Akteuren, lokalen Initiativen und Geschichtswerkstätten die Möglichkeit, die vorhandenen Materialien zu nutzen und die lokale Erinnerungsarbeit damit zu fördern.“  Auch Schulen können z. B. die vorhandenen Materialien nutzen.

Die Ausstellung

Nach dem interessanten Vortrag in der Bibliothek, dem sich viele Fragen anschlossen, verlegten wir unseren historischen Spaziergang in die benachbarte Schössergasse in die Kulturkiste des AKuBiZ. Dort war Zeit, die Exponate der Ausstellung in Ruhe zu betrachten und zu verarbeiten.

 

Der wunderbare antifaschistische Laienchor Chor Pir Moll sang noch einige seiner Lieder aus der dunkelsten Zeit Deutschlands. Die klangen aber so kraftvoll, lebensbejahend und kämpferisch, wurden mit soviel Esprit und Schwung vorgetragen, dass am Ende viele Gäste neben der Nachdenklichkeit auch ein Lächeln mit nach Hause nahmen.

 

Dr. Bärbel Falke