Verantwortung erfahren: Roter Stern Leipzig und Dr. André Hahn in Pirna 23. September 2020 Am vergangenem Sonntag, dem 20. September 2020, gab es am VVN-Denkmal an der Grohmannstraße eine Veranstaltung mit den Radsportler*innen vom Roter Stern Leipzig e.V. und Dr. André Hahn (MdB, Die Linke). Bereits am Samstagnachmittag waren die Radler*innen in Pirna eingetroffen, die Begrüßung fand am Friedenspark (Breite Straße) statt. Sowohl der Aufenthalt als auch die Veranstaltungen in der Stadt waren Teil der „Verantwortung erfahren“-Tour, welche von Leipzig über Wurzen, Meißen, Dresden und Heidenau hierher führte. Der Rückweg wurde über Dresden, Nossen, Döbeln und Borna realisiert. „Verantwortung erfahren“-Tour von Roter Stern Leipzig Mit der Fahrradtour haben sich die Fahrradfahrer*innen des 1999 gegründeten Sportvereins ein Wochenende lang durch den Freistaat Sachsen bewegt. Ziel war es u. a., ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und das Erstarken von rechtem Gedankengut in der bürgerlichen Mitte zu setzen. Seit über 20 Jahren setzt sich der einstmals für den Fußballsport gegründete Leipziger Verein für den Kampf gegen Nazis und Rechtsextreme ein. Ankunft der Radler*innen vom Roter Stern Leipzig e.V. auf der Breiten Straße am Friedenspark (19.09.2020). Pirna als Halt und Veranstaltungsort auf einer entsprechenden Radtour zu wählen, ergab nur Sinn – sowohl aus der historischen Betrachtung heraus als auch den Wahlergebnissen von Rechtsaußenparteien entsprechend. Auf die NS-Zeit und aktuelle Probleme, wie etwa den Rechtsterrorismus mit Bedrohungen und Anschlägen in Deutschland oder auch rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr, ging zudem Dr. André Hahn in seiner Rede am Sonntag ein. Gruppenbild vor den Redebeiträgen und dem Gedenken an die Opfer des Faschismus an der Grohmannstraße (20.09.2020). Rede von Dr. André Hahn (MdB, Die Linke) Bevor von den Radler*innen ein Kranz und von weiteren Anwesenden Blumen niedergelegt wurden, sprach Dr. André Hahn von Die Linke, seines Zeichens Bundestagsabgeordneter für die hiesige Region. Er verwies in seiner Rede unter anderem auf die Tötungsanstalt auf dem Pirnaer Sonnenstein sowie auf die Leben und Schicksale von Menschen, die dort unter Weisung der Nazis umgebracht wurden. Zudem wurde auf das neuerliche Erstarken von rechtsextremen Kräften und deren Gedankengut hingewiesen. „In dieser außerordentlich schönen Ecke Deutschlands, in der das malerische Sandsteingebirge auf das romantische Elbtal trifft, kommen landschaftliche Anmut und menschlicher Abgrund auf erschreckende Art und Weise zusammen […]“, fasste Herr Hahn recht die Situation im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge treffend zusammen. Mit Bezug auf die ehemalige Tötungsanstalt auf dem Sonnenstein berichtete er von den Schicksalen, die Elfriede Lohse-Wächtler und Martin Gauger ergriffen – stellvertretend für alle, die hier in Pirna durch das Naziregime umgekommen sind. Erinnert wurden alle Anwesenden dann auch an die personelle Maschinerie, die es brauchte, um die Vergasung und die Verbrennung möglich zu machen. Über 100 Angestellte hatte die Tötungsanstalt. Es kann also nur eine Ausrede der damaligen Pirnaer*innen gewesen sein, wenn sie nach der Befreiung vom Faschismus behaupteten, von nichts gewusst zu haben. „75 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus rütteln Rechtsextreme und Faschisten erneut an den Grundfesten unserer Gesellschaft und unseres demokratischen Miteinanders“, merkte Herr Hahn an, um auf den heute wieder grassierenden Faschismus aufmerksam zu machen. Er erinnerte an die Bedrohungen, die bei Demokrat*innen, bei engagierten Menschen eingehen, unter anderem bei Leuten seiner Partei. Zudem sitzt „der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus – die AfD – […] inzwischen in allen Landesparlamenten“. Das Sagbare wird nach rechts verschoben und das Netz ist voll mit Hetze. Dass es nicht bei Worten bleibt, sieht man am Rechtsterrorismus, der organisiert und radikalisiert in Deutschland immer weiter voranschreitet. „Die rassistischen Morde in Hanau, der Anschlag in Halle, der Mord an Walter Lübcke, die Mordserie des NSU waren traurige Höhepunkte der vergangenen Jahre. Über 200 Todesopfer rechtsextremer Gewalt gibt es seit 1990“, fasste Herr Hahn in seiner Rede zusammen. Weiterhin nannte er die „Gruppe Freital“, Drohschreiben vom selbstbenannten „NSU 2.0“, die Gruppen „Nordkreuz“ und „Hannibal“, etc. Nicht zuletzt ging es natürlich auch um die rechtsextremen Umtriebe und teilweise Terrorbemühungen in den Reihen von Polizei und Bundeswehr: „Ich habe zwar keinen Zweifel, dass die übergroße Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten sowie der Soldatinnen und Soldaten engagiert und kompetent ihren Dienst leistet und sich den demokratischen Prinzipien verpflichtet fühlt. Zugleich aber gibt es immer häufiger Vorfälle, die zu großer Besorgnis Anlass geben“. Wo aber auch immer Rechte und Nazis auftreten – im Alltag, im Internet, in der Polizei – „müssen wir unsere Vorstellung von universellen Menschenrechten entgegenhalten“, appellierte Hahn entschlossen. Das gilt auch im Hinblick auf die humanitäre Katastrophe auf Lesbos. Dazu sagte er unter anderem: „Bei jeder Naturkatastrophe wäre eine internationale Hilfskampagne längst angelaufen, zahlreiche Hilfsorganisationen wären längst vor Ort. Im Fall von Moria aber verhindern griechische Polizisten, dass NGO-Mitarbeiter Lebensmittel an die Notleidenden verteilen können, und Deutschland feilscht mit anderen europäischen Ländern auf beschämende Weise über Kontingente, anstatt unkompliziert zu helfen und möglichst viele Menschen aus diesem Inferno herauszuholen“. Nach Beendigung der Rede wurde vom Roter Stern Leipzig e.V. ein Kranz niedergelegt; Dr. André Hahn und weitere legten Blumen nieder. Insgesamt war es eine aussagekräftige Veranstaltung gegen Rechts und für mich als Pirnaer (und Grüner) ein schönes Zeichen dafür, dass es noch vernünftige Stimmen in der Debatte gibt, die vielerorts der Aufmerksamkeit wegen eher ins Rechte driftend geführt wird. Deshalb möchte ich diesen Bericht mit den Worten schließen, mit denen auch Herr Hahn seine Rede geschlossen hat: „Wir dürfen und werden den Rechten nicht das Feld überlassen – weder hier in Pirna noch anderswo!“ – Fotos von Johannes Domke / Text von Johannes Domke mit Zitaten von Dr. André Hahn (MdB)